624 Baiern. Kammer der Abgeordneten.
andere gewesen, indem verschiedene Kompetenz-Erweiterungen durch Majoritäts-
beschlüsse getroffen worden sind. Sodann folgt auch aus der Erklärung,
welche die baierische Regierung in dem baierischen Vertrage hat aufnehmen
lassen, nämlich, daß in Bezug auf die baierischen Sonderrechte ohne ihre
Mitwirkung und ohne ihre Zustimmung eine Aenderung nicht getroffen werden
könne, e contrarlo, daß das nicht auf andere Kompetenzänderung Anwendung
finde. Allein, meine Herren, mein Trost bei der Sache liegt darin, daß durch
Art. 78 bestimmg ist, daß nur mit 45 Stimmen im Bundesrathe eine Verfassungs=
änderung überhaupt ängenommen werden könne. Der Herr Kammersekretär mein
zwar, es sei die Konzession, die hierdurch Baiern gemacht worden sei, nicht
hoch anzuschlagen. Ich bin aber der entgegengesetzten Ansicht. Ich halte
diese Konzession für eine sehr große und im Norddeutschen Reichstage hat
man sie auch für eine sehr bedeutende gehalten; denn gar nichto hat den
Norddeutschen Reichstag mehr geschmerzt, als diese Erhöhung der zu Ver-
fassungsänderungen und Kompetenzerweiterungen nothwendigen Stimmenzabl.
Alles andere hätte man uns gerne zugestanden, wenn nur das nicht verlangt
worden wäre, und selbst die einzige Stimme Unterschied zwischen Dreiviertel-
Majorität und 45 Stimmen hätte man schon hoch angeschlagen. Ich weiß
das aus dem persönlichen Verkehre, den ich mit vielen hervorragenden Mit-
gliedern des Norddeutschen Reichstages in der letzten Zeit gehabt habe. Ich
glaube auch, die baierische Regierung hat gerade diese 45 Stimmen wohl
mit Absicht verlangt und ist mit Absicht auf eine Dreiviertel-Majorität nicht
eingegangen. Sie hat gewußt, daß es jetzt in die Hände der drei König-
reiche gegeben ist, wenn sie sich mit einander verständigen, ein Veto gegen
jede Verfassungsänderung einzulegen, und sie hat gewußt, daß diese König-
reiche ein wohlverstandenes gemeinsames Interesse gegen unitarische Bestre-
bungen haben. Nun meint zwar der Herr Referent, es werde nicht so
leicht sein, diese drei Königreiche unter einen Hut zu bringen, jedenfalls
müßte erst der erste Zorn über die uns bewilligten Sonderrechte verraucht
sein und das werde nicht so bald geschehen. Meine Herren, ich weiß nicht,
ob der Zorn über die Sonderrechte so lange anhalten wird als der Verdruß,
der in ganz Deutschland über uns Baiem bestehen wird über die Art und
Weise, wie wir die Verträge hier behandelt haben. Allein wie auch diser
doppelte Zorn aufbrausen mag in der ersten Zeit, er wird verrauchen und,
seien Sie sicher, die Staatsmänner in diesen drei Königreichen werden Ein
sicht genug haben, um sich zu verbinden, wo das natürliche Interesse sie
zusammenführt. So lange noch von der Trias die Rede war, die der Herr
Kammersekretär auch jetzt noch nicht vergessen kann und auf die ich daber
später noch zu sprechen kommen werde, da legte man immer ganz besonderes
Gewicht auf die Bedeutung, die Baiern, Würtemberg und Sachsen hätten,
wenn sie gemeinsam operirten, und hier, wo einmal zu solcher gemeinsamen Opera-
tion Gelegenheit sich gibt, wo die Verfassung selbst darauf hinweist, soll nun