Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

628 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
mit uns nur erhalten kann auf Kosten des gesammten deutschen Staats- 
wesens, seiner Einheit und seiner gesunden Organisation, so wird man lieber 
jene wirthschaftlichen Vortheile einige Zeit entbehren als sich die andere Last 
auflegen lassen. Ich komme nun auf einen wunden Fleck zu sprechen. Das 
Minoritätsgutachten berührt das Schicksal der Pfalz und wir haben gefragt, 
was denn aus der Pfalz werden sollte, wenn sie rings von dem Reiche um- 
geben wäre, in welchem Bayern sich nicht befande. Der Herr Referent 
meint, man könnte im schlimmsten Falle besondere Vorkehr für diese Provinz 
treffen. Meine Herren! Diese Provinz will aber keine besondere Vorkehr, 
sie will behandelt sein wie alle anderen Glieder des baierischen Staatswesens 
und wie ich glaube mit Recht. Der Herr Referent hat uns auch nicht 
gesagt, wie denn die besondere Vorkehr beschaffen sein solle. Ich könnte mir 
nur einen doppelten Modus denken, vorausgesetzt daß man die Pfalz nicht 
ganz wegschenken will, was doch nicht die Meinung des Herrn Referenten 
sein wird. Man könnte ein Verhältniß schaffen ähnlich wie dassenige, 
welches zuletzt in Hessen bestanden hat, die Pfalz müßte in's Reich und die 
andern 7 Provinzen müßten draußen bleiben. Wir würden dann auch im 
Landtage alle diejenigen Erscheinungen haben, welche man in Hessen in kurzer 
Zeit so übersatt bekommen hat. Der andere Modus wäre, die Pfalz tritt in 
Zollsachen zum Reiche in ein ähnlicheo Verein, wie bisber im Zollverein 
Luremberg zu Preußen. Sie würde dann gewissermaßen in Beziehung auf 
das Zollwesen ein Annerum von Preußen, sie hätte zwar nichts darein zu 
reden, sie hätte auch nicht das Recht, einen Abgeordneten in den Deutschen 
Reichstag zu senden, aber sie hätte sich dasjenige gefallen zu lassen, was in 
Bezug auf die wirthschaftlichen Verhältnisse dort beschlossen wird. Meine 
Herren! Ich glaube, daß weder die eine noch die andere Einrichtung räthlich 
wäre. Es wäre das der Würde unseres Landes nicht angemessen. Nun sagt 
ferner der Herr Referent, es erscheine als eine eigentbümliche Zumuthung, 
daß ein Land von der Größe und Bedentung Baierns aus Rücksicht für eine 
einzige Provinz seine ganze übrige Existenz aufgeben solle. Meine Herren! 
Hier muß ich an mich halten, um die Bitterkeit, von der ich Eingangs Er- 
wähnung gethan habe, nicht hervortreten zu lassen. Aber ich möchte Sie 
doch bitten, sich recht ernsthaft zu fragen, ob Sie denn wirklich glanben, daß 
die Pfalz die einzige Provinz in Baiern ist, die deutsch fühlt. Meine Herren! 
Ich bin in Mittelfranken gewählt und so weit ich die Verhältnisse nicht blos 
meines Wahlkreises sonderm des ganzen mittelfränkischen Regierungebezirkes, 
mit sehr geringen Ausnahmen vielleicht, kenne, kann ich Ihnen bestätigen, 
daß man dort ebenso durchdrungen ist von dem Verlangen, in das Reich zu 
kommen, als das in der Pfalz der Fall ist. Meine Herren! Sie halten es 
für so fürchterlich, daß wir in das Reich treten sollen. Nun ich will Den- 
jenigen, denen das gegen alle ihre Anschanungen und Wünsche geht, das nicht 
verdenken; aber ich darf sie doch wohl fragen, ob denn wirklich das etwas so 
ganz Fürchterliches sein kann, nachdem doch alle anderen Staaten sammt und
	        
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