Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Pfretzschner. 6(43 
Einnabmen geschaffen werden müssen, welche wohl die Gesammtheit treffen, 
aber namentlich dem Grundbesitzer nicht besonders schwer fallen. Ich habe 
dann noch einen zweiten Punkt betont, welchen ich nur mit denselben Worten 
wiedergeben will, wie sie in unserem ministeriellen Schreiben enthalten sind. 
Ich habe nämlich einen Blick geworfen auf jene günstigen Einwirkungen, 
welche für den baierischen Staatshaushalt im Allgemeinen eintreten müßten, 
wenn eine Kriegsentschädigung in dem Maße flüssig würde, wie sie nach 
den gegebenen Verhältnissen zu erwarten steht. Meine Herren, ich beschränke 
mich in dieser Beziehung, obwohl ich die Sache für hochwichtig erachte, 
auch heute blos auf eine Andeutung. Der Friede ist noch nicht geschlossen, 
und wir wollen abwarten, was er bringt. Meine Herren, ich schreite nun 
zum Schlusse. Aber hier möchte ich einen Punkt recht eindringlich hervor- 
beben. Wenn man überhaupt von mittelbaren Folgen der Verträge für 
unsere wirthschaftlichen Verhältnisse spricht, dann muß man nicht einseitig 
zu Verke gehen und nicht blos von den finanziellen Nachtheilen reden, 
welche die Folge der Verträge sein können. Man muß auch die finanziellen 
und wirthschaftlichen Vortheile ins Auge fassen, und das ist bisher nicht 
gescheben. Ich könnte hier eine Stunde lang zu Ihnen sprechen, wenn ich 
den Gegenstand vollständig beleuchten wollte; ich will ihn aber nur mit we- 
nig Worten andeuten. Sind Sie nicht mit mir überzeugt, daß die ver- 
tragsmäßige Unkündbarkeit des Zollvereins auf unsere Industrie und unsern 
Handel einen Einfluß üben werde, der sich jetzt gar nicht berechnen läßt? 
Meine Herren, das Gespenst der Kündung des Zollvereins war für unsere 
Industrie ein Hemmniß, welches man nicht zu gering anschlagen darf. Seien 
Sie überzeugt, manche Kapitalien würden sich der Industrie zugewendet 
baben, wenn nicht jene Furcht im Hintergrunde gestanden hätte. Und glau- 
ben Sie, daß die Zusammengehörigkeit mit einem so großen Ganzen nicht 
auch auf Handel und Industrie, auf die ganze Wirthschaft des Landes eine 
Rückwirkung üben wird, die man nicht hoch genug schätzen kann? Meine 
Herren, eine solche Wechselwirkung läßt sich nicht ignoriren, es läßt sich nicht 
ignoriren, daß ein Land, dessen Handel durch eine mächtige Flotte geschützt 
ist, in seinen überseeischen Beziehungen ganz andere Resultate erreichen kann, 
und seien Sie überzeugt, ein Konsulat, das Kriegeschiffe hinter sich hat, 
wird in Zukunft unseren Handel ganz anders zu schützen wissen als ein noch 
se pflichttreuer Konsul, der diese Macht nicht hinter sich hatte. Wenn man 
wirthschaftliche Fragen erwägt, darf man nicht bloß in Ziffern sprechen. 
Ziffern beweisen sehr viel, aber Ziffern erschöpfen nicht immer. Man muß 
nicht bloß auf die Berechnung von Steuerprozenten sich beschränken, sondern 
man muß sich fragen: sind die staatlichen Verhältnisse geeignet, unsere 
Woblfahrt zu heben, oder schädigen sie dieselbe? Und wenn Sie die Frage 
beiahen, daß die Wohlfahrt gehoben wird durch die politischen Verhältnisse, 
dann müssen Sie auch zugestehen, daß darin ein finanzieller Vortheil liege. 
Denn durch die Wohlfahrt wird auch die Steuerkraft des Landes gehoben, 
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