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Einnabmen geschaffen werden müssen, welche wohl die Gesammtheit treffen,
aber namentlich dem Grundbesitzer nicht besonders schwer fallen. Ich habe
dann noch einen zweiten Punkt betont, welchen ich nur mit denselben Worten
wiedergeben will, wie sie in unserem ministeriellen Schreiben enthalten sind.
Ich habe nämlich einen Blick geworfen auf jene günstigen Einwirkungen,
welche für den baierischen Staatshaushalt im Allgemeinen eintreten müßten,
wenn eine Kriegsentschädigung in dem Maße flüssig würde, wie sie nach
den gegebenen Verhältnissen zu erwarten steht. Meine Herren, ich beschränke
mich in dieser Beziehung, obwohl ich die Sache für hochwichtig erachte,
auch heute blos auf eine Andeutung. Der Friede ist noch nicht geschlossen,
und wir wollen abwarten, was er bringt. Meine Herren, ich schreite nun
zum Schlusse. Aber hier möchte ich einen Punkt recht eindringlich hervor-
beben. Wenn man überhaupt von mittelbaren Folgen der Verträge für
unsere wirthschaftlichen Verhältnisse spricht, dann muß man nicht einseitig
zu Verke gehen und nicht blos von den finanziellen Nachtheilen reden,
welche die Folge der Verträge sein können. Man muß auch die finanziellen
und wirthschaftlichen Vortheile ins Auge fassen, und das ist bisher nicht
gescheben. Ich könnte hier eine Stunde lang zu Ihnen sprechen, wenn ich
den Gegenstand vollständig beleuchten wollte; ich will ihn aber nur mit we-
nig Worten andeuten. Sind Sie nicht mit mir überzeugt, daß die ver-
tragsmäßige Unkündbarkeit des Zollvereins auf unsere Industrie und unsern
Handel einen Einfluß üben werde, der sich jetzt gar nicht berechnen läßt?
Meine Herren, das Gespenst der Kündung des Zollvereins war für unsere
Industrie ein Hemmniß, welches man nicht zu gering anschlagen darf. Seien
Sie überzeugt, manche Kapitalien würden sich der Industrie zugewendet
baben, wenn nicht jene Furcht im Hintergrunde gestanden hätte. Und glau-
ben Sie, daß die Zusammengehörigkeit mit einem so großen Ganzen nicht
auch auf Handel und Industrie, auf die ganze Wirthschaft des Landes eine
Rückwirkung üben wird, die man nicht hoch genug schätzen kann? Meine
Herren, eine solche Wechselwirkung läßt sich nicht ignoriren, es läßt sich nicht
ignoriren, daß ein Land, dessen Handel durch eine mächtige Flotte geschützt
ist, in seinen überseeischen Beziehungen ganz andere Resultate erreichen kann,
und seien Sie überzeugt, ein Konsulat, das Kriegeschiffe hinter sich hat,
wird in Zukunft unseren Handel ganz anders zu schützen wissen als ein noch
se pflichttreuer Konsul, der diese Macht nicht hinter sich hatte. Wenn man
wirthschaftliche Fragen erwägt, darf man nicht bloß in Ziffern sprechen.
Ziffern beweisen sehr viel, aber Ziffern erschöpfen nicht immer. Man muß
nicht bloß auf die Berechnung von Steuerprozenten sich beschränken, sondern
man muß sich fragen: sind die staatlichen Verhältnisse geeignet, unsere
Woblfahrt zu heben, oder schädigen sie dieselbe? Und wenn Sie die Frage
beiahen, daß die Wohlfahrt gehoben wird durch die politischen Verhältnisse,
dann müssen Sie auch zugestehen, daß darin ein finanzieller Vortheil liege.
Denn durch die Wohlfahrt wird auch die Steuerkraft des Landes gehoben,
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