644 Baiern. Kammer der Abgeordneten.
und dann fühlt der Einzelne seine Steuer nicht mehr in dem Maße, als
wenn solche günstige Verhältnisse nicht vorhanden sind. Und stellen wir nun,
meine Herren, dem gegenüber jenc mittelbaren Jolgen, — um doch das Kapitel
dieser mittelbaren Folgen ganz zu erschöpfen — welche für unser wirthschaft-
liches und finanzielles Gebahren zu erwarten stehen, wenn wir dem Bunde
nicht beitreten, und wenn wir in isolirter Stellung verharren. Meine Herren,
täuschen Sie sich nicht! Der Mehraufwand für das Militär wird uns dann
doch erwachsen, und ich glaube, ich darf mit Sicherbeit annehmen, daß
unter jener Voraussetzung derselbe sogar bedeutend höher sich gestalten wird.
Ich nehme hier Bezug auf jene Auseinandersetzung, welche der Herr Refe-
rent der hohen Reichsrathekammer in der öffentlichen Sitzung, in welcher
die Verträge besprochen wurden, gemacht hat. Ich habe die Ueberzeugung,
daß bei einer von den übrigen Nord= und Süddeutschen Staaten isolirten
Stellung Baierus ganz gewiß der Militäraufwand kein geringerer sondern
ein höherer sein wird. Aber dem gegenüber giengen uns alle jenc finanziellen
und wirthschaftlichen Vortheile verloren, welche wir als Mitglieder der großen
Gesammtheit zu erwarten haben. Mit gebundenen Händen würden wir
zwischen dem blühenden Handel, dem regen Verkehre, der wachsenden In-
dustrie unserer Nachbarn stehen, und dann, meine Herren, dann würde sich
eine wirthschaftliche und finanzielle Bilanz herausstellen, deren Bild vielleicht
viel trüber sein würde als dasjenige, welches Ihnen heute die Gegner der
Verträge auszumalen bestrebt sind’).
Dr. BölKk“’'): „Unverändert", meine Herren, „unverändert"“, bat
man uns von jener Seite zugerufen, „habt Ihr den Deutschen Gedanken
verfolgt, auch da Ihr in der Minderbeit waret. Unverändert habt Ihr
auf das hingcarbeitet, was nun gekommen ist und was wir im Intresse
unseres Landes bekämpfen müssen." Ja, meine Herren, das haben wir
gethan. Wir sind unverändert zu dem Gedanken gestanden, daß ein
Deutscher Staat zu schaffen sei, damit in diesem Staate die Deutsche
Nation ihren Leib und ihre Seele erhalte, die Organe ihrer Lebenskraft und
ihres Willens. Unverändert sind wir zu dem Gedanken gestanden, daß
ein würdiges, ein mächtiges Glied dieses großen Deutschen Staates gerade
unser engeres Vaterland sein solle. Und unverändert baben wir behauptet,
daß gerade die rechte Sicherung dieses Landes, die rechte Sicherung seiner
Dynastie im Anschlusse an das große deutsche Ganze sei. Aber, wenn wir den
Gedanken fortwährend festgehalten haben, wenn wir ausgedrückt haben, daß
wir glauben würden, wir wären Feinde des Landes und der Dnnastie,
wenn wir nicht in der Politik, die wir für die beste hielten, unrerdrossen
——
Die folgenden Reden s. in den Stenegrarbischen Berichten selbst. Ruland
S. 127, Keld (73. Sitzung vrom 12. Januar) S. 133, Gerstner S. 137. Serp S 149.
) St. B. S. 149 r.