Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

654 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
Vortrage, da wo er die Aeußerung des Abg. Scherer citirt, derselbe habe 
die Debatten über die Bundeskriegsrerfassung resumirt und da habe er die 
ausgesprochene Meinung selbst solcher Mitglieder, welche früher zu den Geg- 
nern der neuen Armecorganisation gehörten, mit den Worten konstatirt: 
„Wenn auch der Etat für die Bundeskriegsverfassung jährlich festgestellt 
werde, so dürfe doch selbst in dem Falle, daß eine Uebereinkunft zwischen 
den Bundesregierungen und dem Reichstage nicht zu Stande komme, 
kein Vakuum entstehen, sondern, indem die sämmtlichen Gesetze, auf 
denen die Heeresorganisation beruhe, in Kraft bleiben, könne es sich doch 
immer uur um eine wesentliche Differenz handeln."“ Nach der Stellung, 
meine Herren, welche hier und in der Einleitung dieser Stelle gegeben ist, 
sollte man meinen, der Abg. Scherer habe ebenfalls offiziell etwas zu „re- 
sumiren" gehabt, er # allenfalls Referent und deehalb in einer gewissen 
Stellung gewesen, um die Debatte zusammenznufassen. O nein! Darin aber 
gerade, daß diesem Abg. Scherer diese Stellung im Referate gegeben wird, 
liegt das Täuschende in der ganzen Zusammenstellung. Der Abg. Scherer 
hat, nachdem in Vvolge der Amendements Forkenbeck und Ujest, welche ich 
bereits angeführt habe, das Vakuum geschaffen war, bei einem darauf- 
folgenden Artikcl, bei einem darauffolgenden, sage ich, nicht bei 
dem Anikel, bei dem es sich um das Kriegsbudget gehandelt hat, in 
der Sitzung vom d. April 1867 sich einem Amendement Bethusy-Huc ange- 
schlossen, weil nach dicsem bewirkt werde, daß diese Lücke im allgemeinen 
Budget nicht entstehen könne:; dieses sein Votum hat er damit motivirt, 
weil kein Wakumn entstehen dürfe. Nun, meine Herren, am 8. Wyrril 1867 
ist trotzdem, was von Seite der Regierung Alles noch gesagt worden ist, 
und trotzdem, was der Herr Scherer dafür gesagt hat, das Amendement 
Bethusy-Huc verworfen worden. Aus der Motivirung aber, welche Ein 
Herr einem Amendement gegeben hat, dadv nachber verworfeu worden ist, 
wollen Sie nun den Sinn dersjenigen Bestimmunmgen ableiten, welche Gesetz 
geworden sind. Ja noch mehr, der Abg. Scherer hat gesprochen am 
B. April 1867, die Verhandlungen sind aber noch fortgegangen und später 
wollte man noch durch das Amendement Stolberg-Wernigerode die Sache 
wiederholt repariren. Es sind am 8. April die definitiren Beschlüsse gar 
nicht einmal zu Stande gekommen, es kann also nicht die Verhandlung vom 
8. April, sonderm es können erst die Schlußabstimmung vom 16. April mit 
verschiedenen anderen und langen Verhandlungen, welche inzwischen noch über 
diesen Gegenstand gepflogen worden sind, maßgebend für die Interpretation 
der Norddentschen Reichsrerfassung sein. Es geht nun aber doch ganz ent- 
schieden nicht an, daß aus den Aeußerungen, welche ein Abgeordneter für ein 
Amendement, welches am 8. April rerworfen worden ist, gesprochen hat, der 
Sinn von Bundesgesetzen entnommen wird, welche erst am 15. Axril vor- 
geschlagen und angenommen worden sind, und bezüglich deren ein Amende- 
ment jenes Abgeordneten oder ein gleichbedeutendes (Stolberg) ron ihm
	        
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