Völk. 665
kannt, welche sich in unserm Heere entwickelt hat? Ich will Ihnen nur
eine einzige Zuschrift und nur zwei Zeilen daraus anführen, weil es gewiß
der Mühe werth ist bei dem Votum, das wir heute oder morgen abgeben
werden, auch auf unsere Heldenväter und Brüder Rücksicht zu nehmen.
„Der Deutsche Sinn“, schreibt ein Soldat, „kann jedoch nirgends mehr in
Kleisch und Blut eingedrungen und allgemeiner sein, als hier auf französischer
Erde unter den baierischen Soldaten und Offizieren. Die Wichtigkeit gemein-
samen Zusammenwirkens fühlt Der am meisten, der täglich den verschiedensten
Gefahren ausgesetzt ist, und das Gefühl nationaler Ehre schwingt sich am
böchsten in Demjenigen auf, welcher zu dessen Wiederherstellung mit seinen
böchsten Gütern beigetragen. Wie der Soldat die Herzlichkeit und Tüchtig-
keit seines Norddeutschen Kameraden hat kennen und schätzen lernen, so sind
alle Offiziere ob der Disziplin, Bildung und Tapferkeit der preußischen Armee
der Bewunderung bei jeder Gelegenheit voll. Von jenen schmählichen Vor-
urheilen gegen Norddeutsche Elemente hat uns die eigenste Erfahrung im
Zusammenleben damit gründlich geheilt. Mit Befremden und Bedauern
entnehmen wir aus heimischen Zeitungen"“ — —. Das Uebrige unterdrücke ich
dem Vorsatze gemäß, den ich vorhin Ihnen gegenüber ausgesprochen habe.
Ich glaube, daß wenn man hienach davon spricht, daß wir einen schlechten
Dank geerntet hätten für das, was wir geleistet haben, daß wir doch zu-
nöchst bei Denjenigen anfragen sollten, welche etwas geleistet haben, und
fragen Sie bei ihnen, dem Heere, so werden Sie zur tausendstimmigen Ant-
wen erhalten: „zum Dank dafür, daß wir treu zum Norden, daß wir zum
Vaterlande gestanden sind im Krieg, wollen wir nicht ausgeschlossen
werden aus dem Reiche Deutscher Nation, welches sich neu aufbaut". Ja,
der schlechteste Dank, den Sie ihnen geben könnten, wäre es, wenn Sie die-
sen Ausschluß besiegeln würden. Seien Sie überzeugt, ich glaube das, und
ich glaube, ich kann im Namen unseres Heeres, das im Felde steht,
die beiligste Versicherung dafür geben. Was heißt es, wenn man sagt:
uzum „Dank“ dafür, daß wir etwas geleistet haben, zum Dank dafür, daß
wir dem Norden beigestanden sind, sollen wir ihm untenworfen werden?
Ver so sprechen kann, der geht schon daron aus, daß wir einander fremd
seien, daß es sich iberhaupt um ein Unterwerfungsverhältniß handelt, der
steht überhaupt auf dem Standpunkte, auf welchem man stehen muß, wie
der Herr Abg. Kolb, wenn man sagt, wir hätten uns bei Preußen auf
seden Fall den Kriegskostenersatz paktiren sollen, das heißt, wir hätten uns
as Miethheer dem Norden gegenüber verkaufen sollen. (Rufe: Sehr
zut!) Wir werden die Kriegebeute redlich mit einander theilen, wenn wir
fie errungen haben. Dafür steht uns unser Verbündeter. Aber ich würde
mich gescheut haben, zu sagen: „ich ziehe nur mit dir, wenn du mich be-
Ablst, wenn wir auch vom Feinde nichts ersetzt bekommen“; denn darin
liegt der Charakter eines Miethheeres. So steht's aber bei uns nicht.
Ill sage, man kann von Dank hier gar nicht sprechen. In der Erreichung