fullscreen: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

702 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
tio dor mir liegt. Und da finde ich, daß von 1860,61 bis Schluß 1869 
auf 9 Jahre die Gesammtausgabe für das Militär, abgerechnet die Kriegs- 
kosten für 1866, betragen habe: 156,000,000 oder per Jahr 16,880,000 fl. 
Ich will nun aunehmen, daß das Kriegsbudget des künftigen Deutschen 
Bundes 19 Millionen betrage, wir werden also mehr auszugeben haben als 
bisher, aber nicht soviel, als Herr Kolb uns vorrechnet. Der sehr geebrte 
Herr Abgeordnete war, wenn ich ihn daran erinnern darf, ja einige Zeut 
mit mir im II. Ausschusse gesessen. Er weiß also so gut wie ich, daß das 
Desizit in Baiern vom Jahre 1806 sich herschreibt. Nun, meinc Herren, kann 
ich mir denken, — ich will es nur ganz obenhin berühren, — daß der Erfolg 
des Krieges von 1870 sein werde, das Defizit des Jahres 1866 verschwinden zu las- 
sen. Und wenn das geschieht und wenn zu gleicher Zeit in unserm baierischen Haus- 
halte man darauf verzichtet, gewisse Summen zu kapitalifiren, die ich dem sehr ge- 
ehrten Herrn Abgeordneten nicht zu benennenbrauche, so habe ich die Hoffnung— 
ich will nicht prophezeien, das sei ferne von mir — so habe ich die Hoff- 
nung, daß wir trotz des Eintrittes in den Deutschen Bund dann nicht mehr 
mit einem Defizit abschließen, sondern daß sich unsere Finanzrechuung meg- 
licherweise ausgleicht. Wenn aber auch diese Hoffnung sich nicht erfüllt, und 
wenn hohe Leistungen an uns herantreten sollten in Folge des Eintritts in 
den Deutschen Bund, so bitte ich den sehr geehrten Herrn Abg. Kolb, mir 
zu sagen, ob er ganz bestimmt weiß, daß, wenn wir aus dem Bunde weg- 
bleiben, wir daun keine höheren Leistungen zu machen haben? Er sagt un, 
unsere innere Verwaltung würde 21 Millionen oder wie viel in Zukunft 
mehr kosten. Ich war sehr erstaunt über diese Ziffer — aus einem einfachen 
Grunde. Der sehr geehrte Herr Abg. Kolb hat uns so oft in diesem hahen 
Hause und in dem Ausschusse den Nachweis geliefert, daß die Verwaltung 
der Pfalz, seiner Heimatprovinz, viel wohlfeiler ist als bei uns. Wir haben 
nun in den letzten Jahren die Institutionen, die diese wohlfeilere Verwaltung 
in der Pfalz hervorgerufen haben, einzuführen getrachtet, und nun soll der 
Erfolg sein, daß wir auf einmal dritthalb Millionen mehr ausgeben als bis- 
her? Sie sehen, meine Herren, es ist etwas nicht ganz in der Ordnung in 
dieser Argumentation, und ich möchte den Herru Abg. Kolb bitten, in diesa 
Dingen ganz objektiv zu verfahren. Ich kann mir die Empfindung recht 
gut erklären, mit der der sehr geehrte Herr Kolb dieses Verfassungswert 
betrachtet, — ich finde es menschlich und entschuldbar, wenn man nach 
langem Ringen und Kämpfen, wie dies im heurigen Sommer der Fall war, 
an einem gewissen hohen Ziele, das man sich gesteckt hat, angelangt zu sein 
glaubt, und nun plötzlich diese Hoffnung durch die Uebereinkunft zu Versailles 
zertrümmert sieht — aber das, glaube ich, darf ich von dem sehr geeb##en 
Herrn Abgeordneten sicher hoffen, daß er diese Empfindungen nicht bei 
seinen finanziellen Aufstellungen zum Durchbruche kommen lassen kann, sen- 
dern daß er sich hier lediglich an die Thatsachen halten wird, wie sie ror- 
liegen, wie er als Statistiker nicht anders kann. Einen Vorwurf, meine
	        
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