Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

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trage kommen soll. Jetzt bietet sich eine Gelegenheit, diesen Streit zu enden. 
Vertrauen Sie das Kleinod, um das Sie sich streiten, der hohen Macht an, 
der Deutschen Nation, der gemeinsamen Mutter, sie wird Kraft und Stärke 
genug haben, dieses Kleinod zu bewahren, und Sie nicht hindern, meine Herren, 
Ihre volle Zärtlichkeit demselben zuzuwenden und durch Ihre Sorge das Ge- 
deihen dieses Kleinods auch für die Zukunft sicher zu stellen. Sie werden 
diesen Streit lösen, werden mit der Vergangenheit abschließen; Sie werden dem 
tiefgeschädigten Vaterlande eine sichere Zukunft bereiten, wenn Sie bei der 
heutigen Abstimmung ohne alle Rücksicht auf die Vergangenheit, nur die 
Zukunft im Auge, Ihr Votum abgeben. Sie können dem Lande keinen 
größeren Dienst leisten, als wenn Sie „Ja“ sagen zu einer Sache, zu der 
Sie „Ja“ sagen müssen. Ich sage nicht deshalb, weil Sie physisch gezwungen 
sind, sondern weil es ganz uumöglich ist, irgend eine andere Politik zu trei- 
ben. Ich hätte erwartet, — der Herr Referent wird es mir nicht verübeln, — 
daß der Herr Referent uns gesagt hätte, was geschehen solle. Die Kammer- 
auflösung? Von der spricht man ja so viel, daß auch ich daron reden darf. 
Es wird neu gewählt. Es ist möglich, meine Herren, daß dieselbe Anzahl 
Stimmen wiederkommt mit „Nein“, die heute da ist, ja es ist sogar möglich, 
daß dieselbe Majorität wiederkommt — unter einer Voraussetzung: wenn eine 
Macht, die — ich erkenne es an — eine gewaltige Macht ist, dafür einstimmig 
einsteht, daß lauter Gegner der Verträge in dieses Haus kommen. Ich glaube 
nicht, daß diese Macht ungetheilt dafür einstehen wird. Aber, wenn nun 
dasselbe Resultat sich wiederholt, wenn die Majorität, resp. wenn 5, 6, 8, 
10 Stimmen mit „Nein" über das Schicksal der Zukunft des Vaterlandes 
zu entscheiden haben, wer vermag die Verantwortlichkeit hicfür zu tragen? 
Oder glauben Sie, daß sich eine Regierung finden werde, welche sich auf eine 
Minorität in diesem Hause stützt, die, man sage was man wolle, die größere 
Hälfte des Landes gegen sich hat. Wer sollte den Muth haben, unter solchen 
Umständen die Regierung in die Hand zu nehmen? Denken Sie bei der 
Abstimmung nicht an die Männer, die Ihnen die Verträge vorgelegt haben. 
Hier rerschwinden Personen, die Sache allein entscheidet. Und wenn Sie, 
meine Herren, über Ihre Erinnerungen an die Vergangenheit den Sieg davon 
tragen, wenn Sie über sich selbst Herr werden und die persönliche Anschauung 
auf dem Altare zum Opfer bringen, dann werden Sie die Zukunft Baierns 
sichern und die Pflicht erfüllen, die Sie übernommen haben — nicht Ihren 
Wählern gegenüber, sondern damals, als Sie hier in diesem Saale den Eid 
ablegten, in allen Fällen für das allgemeine Wohl Baierns zu stimmen! 
Greil: Ich habe blos zu fragen, ob ich gleich antworten soll. 
1. PFräsident: Will Herr Abg. Greil das Wort! 
Greil: Excellenz hat eine Frage gestellt. Soll ich antworten darauf? 
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