Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

716 Baiern. Kammer der Abgeordneten, 
verwenden hat, sondern es hat nur so viel Mann aufzustellen, als das Gesetz, 
welches im Deutschen Reichstage mit dem Bundesrathe vereinbart werden 
soll, feststellen wird, und es hat nur jene Beträge aufzuwenden, welche der 
ordentliche Etat des Deutschen Reiches in dieser Beziehung auswerfen wird. 
Denn es ist nicht ganz richtig, wenn man glaubt, daß diese 225 Thaler als 
Pauschalsumme auch für das Jahr 1872 vom Deutschen Reichstage bewilligt 
werden müßten. Bis zum 31. Dezember 1871 hat der Norddeutsche Reichs- 
tag auf sein Budgetrecht verzichtet; bis zu diesem Tage ist im Militär-Etat 
alles in Spezialtitel ausgeschieden, aber nur zur Kenntnißnahme vorge- 
legt worden, und bis zu diesem Tage und nur bis zu diesem Tage hat er 
die Pauschalsumme von 225 Thaler per Kopf der Friedensstärke des Heeres 
bewilligt. Für das Budget, das im Jahre 1872 ins Leben treten wird, wird 
nicht eine Pauschalsumme bewilligt werden, sondern es ist, wie alle andern 
Budgets für das Bundeskanzler-Amt: für die auswärtige Vertretung, die 
Marineverwaltung, gerade so wie unserm Landtage auch dem Deutschen Reichs- 
tage ein Budget nach den Spezialtiteln vorzulegen, und der Deutsche 
Reichstag wird für dieses Budget nicht eine Pauschalsumme festsetzen, sondern 
er wird die Spezialtitel durchberathen, und gerade wie bei uns, 
wird sich aus der Summirung der einzelnen Spezialetats ergeben, wie viel 
der Gesammtaufwand für das ordentliche Militärbudget beträgt; und dann, 
meine Herren, kaun man ein Rechen-Erempel machen, man kann mit der 
Ziffer der Friedenspräsenzstärke in diese Gesammtsumme hineindividiren, und 
ob sich dann die 225 Thaler ergeben werden, steht dahin. Ich erlaude mir 
darauf hinzuweisen, daß nach den von dem Herrn Abgeordneten Twesten 
bei den Verhandlungen des constituirenden Reichstags gemachten Mittheilun- 
gen auch die früheren preußischen Aufwendungen nach der Reorganisation 
sich nie so hoch belaufen haben sondern die Summe von 208 oder 210 Thlr. 
ausmachten. Ich habe dies nur nebenbei bemerken wollen. Baiern ver- 
pflichtet sich also, diese Gesammtsumme für das ordentliche Militärbudget 
seinem künftigen Militärbudget zu Grunde zu legen. Ich sage: für das 
ordentliche Militärbudget, d. h. für jene Summen, welche, um ein anderes 
gleichbedeutendes Wort zu gebrauchen, gewissermaßen wiederkehrend sind, 
nicht für das sogenannte einmalige Budget, die sogenannten einmaligen 
Ausgaben. Das anßerordentliche Budget wird nach meiner festen 
Ueberzeugung — und ich kann den Wortlaut und den Sinn des Vertrags 
gar nicht anders auffassen — nicht im Norddeutschen Reichstage, sondern 
im baierischen Landtage festgestellt, denn, meine Herren, es ist ja ganz 
unmöglich, daß wir uns auch verpflichten, im Allgemeinen eine gleiche Summe 
für das außerordentliche Budget aufzuvenden, wie das in Norddeutschland 
geschieht. Wenn es in Norddeutschland nöthig wird, in Düsseldorf z. B. 
mit einem Aufwande von 600,000 Thlr. eine Kaserne zu bauen, so haben 
wir nicht nothwendig, in Würzburg z. B. eine Kaserne mit einem Aufwande 
von 100,000 Thaler zu bauen. Bezüglich dieser Ausgaben kann nicht be- 
stimmt werden, daß wir verhältnißmäßig dieselbe Summe aufzuwenden haben,
	        
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