Huttler. 761
jetzt diesen Verträgen zuzustimmen.“ Meine Herren, ich weiß wohl diese
Zierde des Manneswerths zu schätzen; aber Consequenz und Principientreue
jkann sich ja doch in Gottesnamen nur auf das Wesen beziehen, nie aber auf
die Formen erstrecken, die mit der Zeit wechseln. Ja, meine Herren, ich
glaube gerade meinen Principien und meinem Programme treu zu bleiben,
wenn ich den Verträgen zustimme, weil das der einzige Weg ist, auf dem
Baiern „erhalten“" werden kann. Es ist ganz richtig, daß dieser Con-
trakt mit der starken Centralgewalt die Selbstständigkeit Baierns gefährden
kann. Aber auf dem andern Wege der Trennung von Deutschland muß
die Selbstständigkeit Baierns zu Grunde geben. Also ich glaube gerade
meinem Programm zu entsprechen, wenn ich für die Verträge stimme.
Meine Herren! Ich dächte, der Umstand wäre doch auch im Stande, bei
dem Abwägen des Für und Wider irgend einen berechtigten Emdruck zu
üben, daß von den gesctzlichen Faktoren, die zum Zustandekommen dieses
großen Verfassungswerkes nothwendig sind, die beiden andern uns bereits
hierin vorausgegangen sind. Ja, meine Herren, es sitzen ja doch in dem
andern hohen Hause Männer von unzweifelbarer Vaterlandsliebe und Ge-
wissenhaftigkeit, und gerade sie haben fast einstimmig den Verträgen ihre Zu-
stimmung gegeben, warum wollen wir uns hierin übertreffen lassen? Meine
Herren, gerade vom partriotischen Standpnnkte aus, meine ich,
müßte es doch von größtem Gewichte sein, daß unser König zum Wieder-
aufbau des deutschen Reiches in so hochherziger Weise die Initiative ergrif-
fen hat. Meine Herren, Sie wissen, was für Gerüchte in diesem Hause in
dieser Beziehung fast jeden Tag auf's Neue verbreitet werden. Ich glaube
im Gegentbeile: der König kann von der Vaterlandsliebe, von dem
Patriotismus aller wahren Patrioten nichts anderes erwarten,
als daß sie den Verträgen zustimmen, weil nur auf diesem Wege
das wahre Wohl Baierns erreicht werden kann. Meine Herren, wo der
König ist, da gehören die wahren Patrioten hin; und wenn
der König in Gefahr ist, dann ist es erst recht Ihre Pflicht, zu
ihm zu stehen und ihn wie eine Maner zu umgeben und vor
chler Gefahr zu schützen! Meine Herren! Man sagt auch: „Ja wir haben
schon unser Wort gegeben, wir haben uns gebunden!“ Das ist nicht so,
weil es so nicht sein kann, nicht sein darf Daß man sich in Fragen von
so großer Tragweite bespricht, daß die Gleichgesinnten zusammentreten, das
ist ganz natürlich. Wir auf unserer Seite haben das auch gethan, wir haben
auch eine Erklärung vereinbart — unterschrieben hat Keiner von uns.
Das wird, das kann auch nach der Abstimmung geschehen. Und es wird
bei Ihnen auch nicht anders sein; denn bevor des letzten Redners Wort ge-
hört und erwogen ist, darf sich Niemand von uns binden. Meine Herren!
Man spricht auch immer nur von der Schattenseite der Verträge. Die
Gründung eines großen, einigen und mächtigen Deutschlands hat ja aber
doch auch ihre Lichtseiten, und dies sowohl in materieller wie in geistiger