Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Sischer. 769 
Zu diesen Grundzügen gehörte unter Anderem auch die Auflösung des König- 
reiches Preußen in sechs oder sieben selbstständige Staaten, von welchen jeder 
annähernd die Größe von Würtemberg haben sollte. Da kam das Jahr 
1866. Ich sah den Mann längere Zeit nicht mehr. Nachdem aber der 
Krieg von 1866 längst beendet war, stellte sich der Mann wieder ein und 
glaubte, da der Frieden hergestellt sei, könmte man wieder an seine Neuge- 
staltung Deutschlands denken. Zu meiner Ueberraschung proponirte er wieder 
die sieben Reichskreise, die man aus Preußen herautzuschneiden habe, damit 
man möglichst gleichheitlich getheilte Elemente für den künftigen Deutschen 
Föderativstaat erhalte. Als ich dem Manne bemerkte, daß es doch etwas 
schwierig sein werde, jetzt, nach der Schlacht von Königgrätz, noch in der 
Richtung fortzuarbeiten, in der er vorher gearbeitet habe, da zog sich der 
Mann auf eine höchst einfache Weise aus der Verlegenheit. Er antwortete 
nämlich: „Hören Sie, die Schlacht von Königgrätz ignoriren 
wir!“ Der Herr Abgeordnete Pfahler hat unter Anderm sich auch ver- 
glichen mit den Männern auf dem Rütli, welche die Freiheit der Schweiz 
begründet haben. Wenn ich nicht ohnehin jetzt zum Worte gekommen wäre, 
so würde ich mich im Interesse der Männer vom Rütli veranlaßt gesehen 
haben, mir das Wort zu einer besonderen Erklärung zu erbitten. Meine 
Herren, die Männer vom Rütli sind zwar etwas fabelhafte Männer, sie 
haben aber einen so schönen Ruf in der Geschichte der Freiheit, daß ich mich 
verpflichtet fühle, der Ueberzeugung Ausdruck zu geben, es sei wenig rück- 
sichtsvoll gegen jene Männer, wenn der Herr Abgeordnete Pfahler sich 
ihnen gleichstellt! Dem gegenüber, was Herr Pfahler weiter erklärt hat, 
kann ich mich vorerst wohl darauf beschränken, ihm einen Satz in das Ge- 
dächtniß zurückzurufen, den er eben selbst ausgesprochen hat. Der Satz 
lautete: „Die Thatsachen sind logischer als mancher Mensch“. Meine Herren! 
Gestatten Sie mir, daß ich noch auf einige Details eingehe, die immer und 
immer wieder vorgebracht werden, obwohl sie schon genügend widerlegt sind. 
Da ist zuerst das Bedenken, das aus dem Wortlaute der Art. 5 und 62 
der Bundesverfassung abgeleitet wird. Anfänglich, bei Beginn der Diskussion, 
war eigentlich die Gefährlichkeit der Art. 5 und 62 das Hauptmotiv, welches 
zur Ablehnung der Verträge führen sollte. Nach und nach sind die Herren 
in der Schätzung dieses Motives etwas zurückgegangen, und gestern kam 
schließlich der Herr Abgeordnete Wiesnet zu dem Geständnisse, daß die 
früher geltend gemachten Bedenken gegen die Art. 5 und 62 nicht begründet 
seien, daß vielmehr die Interpretation des Herrn Dr. Völk die richtige sei. 
Auch der Hemn Referent, wednn ich mich recht erinnere, hat bei irgend einer 
Gelegenheit gesagt und bei einer späteren Gelegenheit wiederholt, daß er 
diesen Artikeln vorerst eine große praktische Bedeutung nicht beilege. Da 
der Inhalt jener Artikel ursprünglich als Hauptmotiv für die Ablehnung der 
Verträge geltend gemacht wurde, so liegt mir daran, hiemit ausdrücklich zu 
konstatiren und zu acceptiren, was der Herr Abgeordnete Wiesnet gesagt 
Materislien III. 49
	        
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