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Zu diesen Grundzügen gehörte unter Anderem auch die Auflösung des König-
reiches Preußen in sechs oder sieben selbstständige Staaten, von welchen jeder
annähernd die Größe von Würtemberg haben sollte. Da kam das Jahr
1866. Ich sah den Mann längere Zeit nicht mehr. Nachdem aber der
Krieg von 1866 längst beendet war, stellte sich der Mann wieder ein und
glaubte, da der Frieden hergestellt sei, könmte man wieder an seine Neuge-
staltung Deutschlands denken. Zu meiner Ueberraschung proponirte er wieder
die sieben Reichskreise, die man aus Preußen herautzuschneiden habe, damit
man möglichst gleichheitlich getheilte Elemente für den künftigen Deutschen
Föderativstaat erhalte. Als ich dem Manne bemerkte, daß es doch etwas
schwierig sein werde, jetzt, nach der Schlacht von Königgrätz, noch in der
Richtung fortzuarbeiten, in der er vorher gearbeitet habe, da zog sich der
Mann auf eine höchst einfache Weise aus der Verlegenheit. Er antwortete
nämlich: „Hören Sie, die Schlacht von Königgrätz ignoriren
wir!“ Der Herr Abgeordnete Pfahler hat unter Anderm sich auch ver-
glichen mit den Männern auf dem Rütli, welche die Freiheit der Schweiz
begründet haben. Wenn ich nicht ohnehin jetzt zum Worte gekommen wäre,
so würde ich mich im Interesse der Männer vom Rütli veranlaßt gesehen
haben, mir das Wort zu einer besonderen Erklärung zu erbitten. Meine
Herren, die Männer vom Rütli sind zwar etwas fabelhafte Männer, sie
haben aber einen so schönen Ruf in der Geschichte der Freiheit, daß ich mich
verpflichtet fühle, der Ueberzeugung Ausdruck zu geben, es sei wenig rück-
sichtsvoll gegen jene Männer, wenn der Herr Abgeordnete Pfahler sich
ihnen gleichstellt! Dem gegenüber, was Herr Pfahler weiter erklärt hat,
kann ich mich vorerst wohl darauf beschränken, ihm einen Satz in das Ge-
dächtniß zurückzurufen, den er eben selbst ausgesprochen hat. Der Satz
lautete: „Die Thatsachen sind logischer als mancher Mensch“. Meine Herren!
Gestatten Sie mir, daß ich noch auf einige Details eingehe, die immer und
immer wieder vorgebracht werden, obwohl sie schon genügend widerlegt sind.
Da ist zuerst das Bedenken, das aus dem Wortlaute der Art. 5 und 62
der Bundesverfassung abgeleitet wird. Anfänglich, bei Beginn der Diskussion,
war eigentlich die Gefährlichkeit der Art. 5 und 62 das Hauptmotiv, welches
zur Ablehnung der Verträge führen sollte. Nach und nach sind die Herren
in der Schätzung dieses Motives etwas zurückgegangen, und gestern kam
schließlich der Herr Abgeordnete Wiesnet zu dem Geständnisse, daß die
früher geltend gemachten Bedenken gegen die Art. 5 und 62 nicht begründet
seien, daß vielmehr die Interpretation des Herrn Dr. Völk die richtige sei.
Auch der Hemn Referent, wednn ich mich recht erinnere, hat bei irgend einer
Gelegenheit gesagt und bei einer späteren Gelegenheit wiederholt, daß er
diesen Artikeln vorerst eine große praktische Bedeutung nicht beilege. Da
der Inhalt jener Artikel ursprünglich als Hauptmotiv für die Ablehnung der
Verträge geltend gemacht wurde, so liegt mir daran, hiemit ausdrücklich zu
konstatiren und zu acceptiren, was der Herr Abgeordnete Wiesnet gesagt
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