Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

786 Balern. Kammer der Abgeordneten. 
Souderrechte! Sie kennen mich Alle, namentlich was derlei Rechte meines 
Souveräus betrifft. Ich konnte aber hierin eine Beeinträchtigung derselben 
nicht finden. Hätte ich dies gefunden, so würde ich versucht haben es zu 
hindern. Wenn es sich darum gehandelt hätte, überhaupt eine neue Grund- 
lage, eine neue Verfassung zu schaffen, hätte man darüber hinweggehen 
können; wir hatten aber über die Annahme oder die Nichtannahme einer 
schon für die andem Bundesstaaten geltenden Bestimmung zu verhandeln; 
das ändert die Sachlage. Meine Herren, wir haben auf unserm Banner 
Ebrlichkeit und Treuc geschrieben und wir wollen selbst nicht den Schein 
eines Zweifels aufkommen lassen, und darum haben wir diese Bestimmung 
nicht abgelehnt. — Nun, meine Herren, erlauben Sie mir, daß ich meine 
Fersönliche Stellung etwas näher kennzeichne, welche ich zu den Verträgen 
einnehme und namentlich in Bezug auf meine Aeußerung vom 19. Juli 
vorigen Jahres. Ich habe damals gesagt: „Wem man unserer Selbständig- 
keit zu nahe treten will, und ich bin nicht hier am Platze, so rufen Sie 
mich.“ Meine Herren! Ich kann mit voller Wahrheit sagen, ich habe die- 
ses Wort eingelöst. Aber da müssen Sie diejenigen fragen, mit welchen ich 
verhandelt habe, die geben Ihnen die richtige Antwort. Meine Herren! Ich 
will Ihnen noch weiter sagen, daß als ich von Versailles zurückkam, das 
erste Wort, welches ich von Sr. Majestät meinem allergnädigsten Könige und 
Kriegsberrn empfangen habe, der Dank war für meine Vertretung Baierns. 
(Bravo.) Ich könnte auch noch andere Acußerungen anführen von vollstän- 
dig unabhängigen Männem, die mir wiederholt versichert haben: „Sie haben 
Ihr Wort eingelöst.“ Das Andere überlassc ich der Zeit! Daß ich recht ge- 
handelt, wird sie zur Evidenz beweisen. Wenn man überhaupt Aeußerungen 
anführt, ist es nicht mehr als gerecht und billig, sie ganz anzuführen. Ich 
babe damals auch die Aeußerung, die ich schon vorhin erwähnt habe, ge- 
macht: „Man darf die nationale Bewegung nicht übersehen, man muß sie be- 
berrschen." Auch das habe ich damals gesagt. Nun, meine Herren, stehen 
Sie hier vor einem sebr entschridenden Votum. Die Frage heißt: Bleiben 
wir selbständig?) Treten wir in's Reich? Anlangend unsere Selbständigkeit, 
se sage ich: Was die Größe des Landes betrifft, was die Kraft des Landes, 
was die Leistungen, die Stärke des Volkes, was die geographische Lage be- 
trifft, — alle diese Bedingungen sind vorhanden, um selbständig bleiben zu kön- 
nen. Aber Eincs ist nicht vorhanden, was absolut vorhanden sein muß, und 
das ist der einstimmige Wille des Volkes. Meine Herren! Wenn 
dieser verhanden wärec, dann wäre es uns ganz unmöglich gewesen, etwas 
Anderes zu wollen und anzustreben als die Erhaltung unserer vollen Selb- 
ständigkeit. Was wird nun die Folge sein, wenn Sie die Verträge heute 
ablehnen? Ich bin und will kein Prophet sein; aber es macht sich so Jeder 
seine eigenen Gedanken und Vorstellungen bei diesem Gegenstande, und so 
habe ich darüber ebenfalls mir meine Gedanken gemacht, wie sich die Sache 
praktisch gestalten werde, wenn Sie die Verträge abgelehnt haben, wie es
	        
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