Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

788 Balern. Kammer der Abgeordneten. 
leicht der Fall sein, daß Sie sagen: Hätten wir unsere früheren Minister 
wieder! Ich glaube aber, so wie ich die Ehre habe meine Kollegen zu ken- 
nen, Keiner von uns wird wollen. Meine Herren, wo werden Sie dann 
das Ministerium finden? Keinen Zweifel: hier (auf die linke Seite des 
Hauses weisend). Das Ministerium aus dieser Seite wird die Frage etwas 
anders anfassen, das wird nicht mehr unsern Weg gehen. Das wird keinen- 
falls (zur rechten Seite gewendet) Ihren Weg gehen, sondern das nimmt den 
Weg des unbedingten Eintrittes, mag es sein wie es wolle. Das ist so 
meine Beurtheilung, wie gesagt, ich prophezeie nicht, ich kann es nicht, ich 
will es nicht; aber das ist das Bild, das ich mir gemacht habe. Meine 
Herren! Ich bin noch heute derselbe wie früher, und wenn ich heute als 
Abgeordneter in diesem Hause sitzen würde, so würden Sie mich auf dieser 
(der rechten) Seite des Hauses sitzen sehen; Sie würden mich stimmen hören 
für die Verträge. Sie würden mich stimmen hören für die Verträge, weil 
ich der festen Ueberzeugung bin, daß das allein das Mittel ist, um unser 
Baiern fest zusammen zu halten und uns geachtet zu erhalten, weil ich in 
Annahme der Verträge die feste Bürgschaft sehe, daß wir Baiern nicht blos 
als Land und Volk sondern auch in Verbindung mit unserm geliebten 
Monarchen bleiben. 
Dr. Jörg’) als Referent: Ja, meine Herren, — noch eine kurze 
Spanne Zeit, und Sie werden über sehr Großes abgestimmt haben, Sie 
werden, meine Herren, insbesondere abgestimmt haben über sich selbst. Je 
nachdem die Würfel fallen, habe ich die traurige Aufgabe, eine fünfzigjährige 
Periode des baierischen Staatslebens in diesem Hause abzuschließen; ich habe 
die traurige Aufgabe, der letzte Redner in diesem Hause zu sein, welcher 
vollberechtigt nach Maßgabe unserer baierischen Verfassung sein Wort erhebt: 
denn, meinc Herren, wir begraben dann einen großen Todten, zu dem wir 
selber gehören, und meine armen Worte, die ich jetzt spreche, werden sich in 
eine Leichenrede verwandelt haben. Die baierische Landesvertretung, vollbe- 
rechtigt nach Maßgabe der Verfassung, wird hinabsteigen in die Gruft, und 
eine baierische Provinzialvertretung wird an ihre Stelle treten. Nehmen 
Sie mir es nicht übel, meine Herren, wenn ich mich gedrungen sah, diese 
Worte aus einem bewegten Herzen voranzuschicken, und wenn ich gleich daran 
die Frage knüpfe: warum sollen wir denn das thun? Erlauben Sie mir 
eine Nebenbemerkung, meine Herren. Man hat nun in den zehn Tagen 
mein Referat gewiß bis auf den Grund examinirt; aber eine Stelle meines 
Referates, worauf ich ein großes Gewicht zu legen Urfache hatte, ist von 
keiner Seite auch nur mit einer Silbe berührt worden: die Stelle meines 
Referates auf Seite 92. Ich habe mich da bezogen auf eine Rede, die Graf 
Bismarck in der Reichstagssitzung vom 24. Februar 1870 gehalten hat, und 
5 St. B. S. 356 r.
	        
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