Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Joͤrg. 789 
in dieser Rede, damals am 24. Februar 1870“), als wir nur durch den 
Allianzvertrag und durch den Zollvereinsvertrag mit Preußen näher verknüpft 
waren, hat Graf Bismarck gesagt: „Das Präsidium des Norddeutschen Bun- 
des übe in Süddeutschland ein Stück kaiserlicher Gewalt, wie es im Be- 
sitze der deutschen Kaiser seit 500 Jahren nicht gewesen“; und „das Haupt 
des Nordbundes habe in Süddeutschland eine Stellung, wie sie seit dem 
Kaiser Rothbart ein deutscher Kaiser nicht gehabt hat, und dieser doch auch nur, 
wenn sein Schwert gerade siegreich war, vertragsmäßig und allgemein aner- 
kannt nicht.“ Nun. meine Herren, wohin sind wir vorgeschritten? Herr 
Dr. Schüttinger hat Ihnen letzthin eine Stelle citirt aus einer Rede des 
bekannten nationalliberalen Parteiführers Miquel aus Hannover, welche lautet: 
„Dieses Kaiserthum ist Hohenzollern, es ist Preußen."“ Meine Herren! Ich 
kann Ihnen noch eine größere Autorität anführen, und ich habe sie vor ein 
paa#r Jahren in diesem Hause schon angeführt. Nach dem unseligen Kriege 
auf den böhmischen Schlachtfeldern wurde in Berlin die Kommission zusam- 
menberufen zur Vorberathung des Entwurfs einer Verfassung für den Nord- 
bund. Damals haben sich einige Stimmen erhoben, dahin gehend, man sollte 
den Entwurf dieser Verfassung nach einem etwas weiteren Rahmen anlegen 
aus Rücksicht auf den Beitritt der süddeutschen Staaten. Damals, meine 
Herren, hat Graf Bismarck gesagt: er warne vor solch' einem Vorgehen; 
denn die süddeutschen Staaten — er nenne nur Baiern — könne man doch 
nicht gerade behandeln wie die kleineren norddeutschen Staaten; jetzt komme 
es vor Allem darauf an, „die Macht des leitenden Staates zu verstärken"“ — 
und seitdem, meine Herren, ist das Wort „Verstärkung der hohenzollernschen 
Hausmacht" sprichwörtlich geworden. Nun, meine Herren, die Ereignisse des 
letzten Jahres scheinen insbesondere noch das Siegel der Vollendung auf 
diese Verstärkungspolitik gedrückt zu haben. Und jetzt, meine Herren, sollen 
wir — nehmen Sie mir das Wort nicht übel, ich will nie ein drastisches 
Wort absichtlich gebrauchen — jetzt, meine Herren, sollen wir unterkriechen? 
Ich habe in meinem mündlichen Vortrage stark betont, warum denn gerade 
der Vertrag' warum soll es denn unsere Schuldigkeit sein, gerade einen 
solchen Vertrag anzunehmen, und warum soll es nicht vielmehr, weil wir 
mit gutem Gewissen das nicht thun zu können glauben, die Schuld Preußens 
sein, daß es nach allen unseren ungeheuren Diensten uns nicht einen besseren 
Vertrag vorgelegt hat Sehen Sie, meine Herren, ich habe mich absichtlich 
nicht auf den Frankfurter Fürstentag berufen; davon habe ich vollkommen ab- 
gesehen; ich habe mich ganz ausdrücklich nur auf den preußischen Bundes- 
vorschlag vom 10. Juni 1866 berufen. Ich habe gesagt: ja, das wäre eine 
wirklich föderative Grundlage, eine loyale Basis gewesen. Ich habe mich 
auf das Minoritätsgutachten, ich habe mich auf die Erklärung der k. Staats- 
regierung berufen, daß noch vor dem Kriege für uns bessere Bedingungen zu 
erlangen gewesen wären. Und. meine Herren, die Frage verfolgt mich Tag 
Siehe unten.
	        
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