792 Baiern. Kammer der Abgeordneten.
suchen, und jeder Minister würde beim Versuch sich an die Wand gedrängt
sehen. Herr Stenglein hat noch eine Garantie unserer Selbstständigkeit
genannt, indem er gesagt hat, der Vertrag verbürge uns das verfassungs-
mäßige Recht des Widerstandes, und ich denke wohl, das wird gemeint sein,
wie die Worte, die ich aus competentem Munde gerade so gut wie Sie ge-
hört habe: „Die Bundeserekution wäre der Krieg.“ Nun, meine Herren,
ich mill nicht betonen, daß dicse Erentualität mir meine Skrupel über den
Fahneneid nicht benommen, sondern noch vermehrt hat. Aber das sage ich
Ihnen, meine Herren: Unter all den Dingen, die ich nicht will, ist ein
Krieg mit Preußen das Allererste; und wenn eine solche Möglichkeit offen
gelassen ist bei der Annahme dieser Verträge, wenn in dem Hause, in das
man uns einlädt, ein solcher Unfriede droht, — dann wähle ich für meine Per-
son den gescheidteren Theil und bleibe vorerst wenigstens draußen. Ich komme
jetzt auf etwas Anderes, meine Herren, und da muß ich mir geradezu selbst
das Lob geben, daß Sie mir einen großen Triumph bereitet haben. Wissen
Sie, wodurch, meine Herren? Dadurch, daß Sie durch zahlreiche Stimmen
bewiesen haben, daß meine Meinung von Preußen und von der preußischen
Politik eine bessere ist als die Ihre. Ja wahrlich, meine Herren, es ist das
wahr. Sie haben die Moralität der preußischen Politik so angeschwärzt,
daß ich glaube, das Herz des giftigsten Preußenfeindes kann sich dadurch nur
befriedigt finden. Was hat man uns alles gesagt, daß von Preußen uns
widerfahren werde, wenn wir von unserm ronstitutionellen Rechte Gebrauch
machen und die Verträge nicht annehmen wollten! Gleich Herr Dr. Gerst-
ner, einer der ersten Redner, hat gesagt, unsere Opfer an Gut und Blut
wären dann umsonst vergeudet; ja er hat sogar gesagt, auch den uns ge-
bührenden Theil an der Siegesbeute würden wir dann nicht bekommen; Herr
D#r. Marquard Barth hat gemeint, Preußen werde uns zwingen, denn im
Norden sei man zähe; Herr Dr. Frankenbur ger, wenn ich nicht irre,
hat die fragliche „Operation“ noch etwas drastischer ausgeführt; Herr
Stenglein vollends findet meine Appellation an die „Großmuth Preußens"
— Großmuth habe ich freilich nicht gesagt. sondern ich habe nur von dank-
barer Erinnerung gesprochen — naiv; es ist mir fast vorgekommen, als finde
er sie lächerlich. Die Herren waren nicht im Zweifel darüber, daß wir mit
einem verneinenden Votum den Bruch mit Preußen herbeiführen würden;
sie waren nur darüber im Zweifel, ob Preußen den Zollvereinsvertrag gleich
brechen würde, oder ob es noch warten würde bis zur Kündigungsfrist. Herr
Abgeordneter Hafenmair hat uns sogar in Aussicht gestellt, daß der Zoll-
verein vielleicht nicht mehr sieben Monate lang dauere. Nun, meine Herren,
ich komme nachher darauf zurück. Nur eine Acußerung des Herrn Abgeord-
neten Stenglein moöchte ich nebenbei noch betrachten. Der Herr Abgeordnete
Stenglein hat gesagt, jedenfalls könnten doch an die Großmuth Preußens
Diejenigen nicht appelliren, die am 19. Juli für die „Neutralität“ gestimmt
hätten. Nun sage ich jetzt — hier und außerhalb des Hauses vielleicht zum