Ibrs. 797
nie ein „Führer“, ich bin kein „Führer“ und werde nie einer sein. Darauf
gebe ich Ihnen mein Wort. Wenn ich noch einmal protestire gegen jene
Zumuthung, so thue ich es deßhalb, weil dieser Ausspruch zugleich eine
Kraͤnkung derjenigen sehr ehrenwerthen Männer enthalt, die ihre Stimme
mit der meinigen nachher vielleicht vereinigen werden. Diesen Männern
gegenuͤber war gerade ein Einfluß von außen gar nicht möglich. Diese
Männer haben von der Verderblichkeit des Vertragswerkes ihre selbsteigene
Ueberzeugung geschöpft, sie sind unerschüttert dabei stehen geblieben, uner-
schüttert durch alle außerhalb der Vorlage und außerhalb der Sache liegen-
den Rücksichten. Sehen Sie, das ist der Unterschied. Es war das ohne
Zweifel eine Eigenthümlichkeit des Charakters, aber gerade Charaktereigen-
thümlichkeit, das wissen Sie ja Alle, läßt sich am wenigsten beeinflussen.
Wenn aber je eine Pression von außen hätte anschlagen können bei
diesen ehrenwerthen Männern, glauben Sie denn, es hätte dann meiner Per-
son bedurft? O, dann wäre ich längst zu spät gekommen. Sage ich denn
chtwas, was man mir widersprechen wird, wenn ich sage: es ist seit den
Wochen, die ich nun hier bin, doch gewiß kein Mittel der Ueberredung, kein
Mittel der Lockung, ja kein Mittel der Drohung gespart geblieben, um diese
Männer in ihrer Ueberzeugung wanken zu machen? Sie haben ja selbst
gehört hier in diesem Hause, was man Ihnen vorgeredet hat. Sie haben
selbst gehört, wie man einerseits gesagt hat: stimmt ihr für die Verträge,
dann ist euere Majorität gerettet, die Staatsregierung wird dann ruhig
fortregieren, gestützt auf diese Majorität, und sie wird bei Gelegenheit die
Vöortschrittler auf ihre unruhigen Köpfe schlagen. Das hat man gesagt.
Sie haben auch in dieser Kammer gehört, was man diesen ehrenwerthen
Männern andernfalls vorgeredet hat. Man hat ihnen gesagt: Wenn ihr
gegen die Verträge stimmt, dann werdet ihr aufgelöst, eine Majorität be-
lommt ihr nicht mehr, die Fortschrittler bekommen diese Majorität und ihr
seid verloren mit all' euren theuersten Interessen auf dem Gebiete der Kirche
und der Schule u. s. w. Sehen Sie, das wären schon sehr starke Motive
gewesen; aber es ist noch ärger gekommen. Man hat unsern kirchlichen
Oberhirten gegen uns in's Feuer geführt. Ich habe, wenn nicht zweimal,
so doch einmal gehört, daß selbst von der linken Seite dieses Hauses aus
— es dürfte das zum ersten und wahrscheinlich zum letzten Mal geschehen
sein — das Beispiel unserer Bischöfe uns vorgeführt wurde. So eben, vor
ungefähr einer Stunde, häörte ich, es sei auf diplomatischem Wege der von
der römischen Kurie ausgesprochene Wunsch hieher gelangt, daß wir, die ka-
tholischen Patrioten, für diese Verträge stimmen sollen. Nun sehen Sie,
meine Herren, man hat uns ja oft genug nachgesagt, daß wir unsere Ab-
stimmungen hier in diesem Hause nach den kirchlichen Interessen einrichten,
daß wir als Abgeordnete in politischen Dingen, in Angelegenheiten unseres
Vaterlandes abhängig seien von den kirchlichen Oberen. Nun, meine Herren,
ich und die mit mir gehen werden, wir wollen Ihnen nun beweisen, daß