Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

798 Baiern. Kammer der Abgordneten. 
das Alles nicht wahr gewesen ist. Ich hätte noch viel zu sagen, Speziali- 
täten anzuführen: das liegt mir aber ferne. Nur ein Wort noch wollen 
Sie mir erlauben und es mir nicht in Uebel nehmen. Meine Meinung 
von der Güte dieser Sache ist in dem Maße gesunken, als ich die Mittel 
gesehen habe, die man zu ihrer Durchsetzung angewendet hat. Ja wahrlich, 
meine Herren, man hat uns unsere Stellung schwer gemacht, bitter schwer, 
und Sie dürfen glauben, wir wären gefallen wie die Andern, wenn uns die 
Sache nicht tief, sehr tief im Herzen läge. Herr Dr. Völk hat auch an die 
Herzen Derjenigen in diesem Hause appellirt, welche Familienräter sind. Ich 
weiß nicht, an wen Her Dr. Völk seine Adresse am direktesten gerichtet 
hat; aber das weiß ich, daß ich vielleicht mehr als ein Anderer in diesem 
Hause Gründe habe, um den guten Namen besorgt zu sein, den ich dereinst 
meinen Rindern hinterlassen werde, in dem Moment, wo ich dann an den 
Richterstuhl hintreten werde, vor den wir einst Alle hintreten. Herr Dr. 
Völk hat uns ermahnt, wir moöchten bedacht sein, daß wir nicht unsern 
Kindern — nach den Erfahrungen, die ich seit dem 19. Juli gemacht habe, 
darf ich wohl seine Worte kurz zusammenfassen — daß wir unsern Kindern 
nicht einen schmachbedeckten Namen hinterlassen. 
Dr. Bölk: Das habe ich nicht gesagt. 
Dr. Jörg: Ich habe gesagt: Nach den Erfahrungen, die ich seit dem 
19. Juli gemacht habe, glaube ich persönlich, es werde ungefähr so ge- 
meint sein. 
Dr. Bölk: Ich protestire hiegegen. 
Dr. Jörg (fortfahrend): Auch hierin bin ich vollkommen ruhig. Wie 
immer die Würfel fallen mögen, das Volk, um dessen Urtheil es mir zu 
thun ist, und das mich in dieses Haus geschickt hat, (seitdem ich da bin) das 
Volk wird den Männern, die ich meine, gerecht werden, es wird sie in 
Ehren halten. Gelingt es uns, meine Herren, gelingt es uns, im letzten 
Augenblicke noch das Unheil abzuwenden und die freie, berechtigte Staats- 
eristenz Baierns innerhalb der Deutschen Nation zu retten, dann, meine 
Herren, haben wir ein Werk gethan, von dem ich offen gestehe, durch unsere 
bisherige Haltung haben wir es nicht verdient. Gelingt es uns aber nicht, 
muß die freie, berechtigte Selbstständigkeit und Staatseristenz Baierns inner- 
halb der Deutschen Nation untergehen, nun dann wird nur allzubald und 
allzureichlich das Volk, das ich meine, Gelegenheit haben, derienigen Männer 
in Ehren zu gedenken, die bis auf den letzten Punkt sich gesträubt haben, 
diesem Volk neue Lasten und neue Leiden aufzuladen. Ja dieses unser 
baierisches Volk und das ganze süddeutsche Volk hat nicht eine militärische 
Vergangenheit hinter sich, wie das norddeutsche, das preußische schon seit
	        
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