Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Lutz. 817 
fürhten haben als von dem mächtigen Preußen! (Bravol) Ders Herr 
Referent hat, indem er von den Motiven sprach, welche die Regierung 
geleitet haben, sich dahin geäußert, daß die Zwangslage eigentlich gar nicht 
auf dem Gebiete zu suchen sei, auf welchem sie in den Reden der verschie- 
denen Mitglieder des Hauses gesucht worden, sondern in den inneren Ver- 
hällnissen des Landes, und er will die ihm gegenüber gemachte vertrauliche 
Acußerung dahin verstanden haben, daß die innere Agitation, gerade heraus- 
gesagt, das Ueberwuchern der fortschrittlichen Tendenz uns veranlaßt habe, 
Unterkunft in einem größeren Reiche zu suchen. Er hat daran die Betrach- 
tung geknüpft, daß die Regierung eigentlich nur ernte, was sie gesäet habe, 
weil sie nicht von langer Hand her sich auf die Katholiken und deren poli- 
tische Richtung gestützt habe. Er ist auf unsere baierischen Verhältnisse des 
Nähern eingegangen und hat geschlossen mit einer Erklamation darüber, daß 
die Rathgeber Maximilians II. sich gar wohl hüten dürften, an der Thea- 
tinerkirche vorüber zu gehen, um nicht dort einen bedenklichen Lohn für die 
so wohlgerathene dritte Großmacht in Empfang zu nehmen. Nun, meine 
Herren! Ich werde auf diese Dinge nicht näher eingehen. Was der 
Herr Referent da vorgebracht hat, sind alte Klagen, und wenn er 
Recht hätte damit, daß der Rathgeber eines Königs nicht an seiner Grab- 
stätne vorübergehen dürfe, so wäre ich auch in der Lage von Nath- 
gebern viel älterer bairischer Fürsten zu erzählen, die es sich auch wohl ge- 
sagt sein lassen dürften, baß es gefährlich ist, an der Grabstätte ihrer Fürsten 
vorüber zu gehen. Ich will nur Namen nennen, wie Ickstadt und Lori. Da 
waren die Verhältnisse ungefähr ebenso, wie in neuer Zeit. Aber, meine 
Herren, ich glaube, ich bin berechtigt auszusprechen, daß die Nathgeber des 
höchstseligen Königs Maximilians II., von welchen der Herr Referent ge- 
sprochen hat, es getrost wagen dürften, an der Theatinerkirche vorüber zu 
gehen. Und in wie ferne ich dazu berechtigt bin, das will ich Ihnen sagen. 
Sie wissen, meine Herren, die deutsche Frage spielt schon einige Zeit. Sie 
hat 1863 auch gespielt. Schon damals war in aller Leute Mund, daß die 
bestehenden Bundeseinrichtungen zu nichts gut sind, daß der Deutsche Bund 
Niemand befriedige, daß es mit dem Deutschen Bunde nicht in der Länge 
gehe, und etwas Anderes, Kräftigeres und Lebensfähigeres an seine Stelle 
gesetzt werden müsse. Sie wissen, daß die Dinge nach und nach bis zum 
Fürstenkongreß in Frankfurt gediehen sind. Meine Herren, als die Ein- 
ladung nach Frankfurt an Seine Majestät den Rönig Maximilian II. ge- 
langte, hatte ich die unverdiente Ehre, im persönlichen Dieust des höchstseligen 
Monarchen zu stehen, ich hatte die unverdiente Ehre, den eingehenden sorg- 
fältigen Berathungen dieses Monarchen darüber, ob er nach Frankfurt gehen 
solle und wie er sich dort zu verhalten hätte, anzuwohnen. Es war in 
Nymphenburg, meine Herren, wo uns längere Zeit hindurch — verzeihen 
Sie, daß ich „uns“ gesagt habe — wo Seine Majestät den König und seine 
Materiallen III. 52
	        
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