Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

820 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
sehen daron — was heißt den Schwierigkeiten bestehen? Das heißt: versuchen, 
ob man der Schwierigkeit Herr wird, oder untergehen! Das kann nun der 
Einzelne für sich wagen, und wenn er dies thut, erwirbt er sich vielleicht da- 
mit das wohlverdiente Prädikat eines überzengungstreuen Helden. Aber Re- 
gierungen stehen nicht auf demselben Boden; die Regierung darf Aehnliches 
nur wagen, wenn — ich sage es unverhohlen — die Krone und wenn das 
Volk es will. Daß die Krone es nicht will, wissen Sie. Will es das Volk 
Sie sagen: Ja; ich sage: Nein. Reden wir doch aufrichtig: Für die Ver- 
träge wird nicht blos die liberale Seite dieses Hauses, sondern, das wissen 
wir, auch ein guter Theil von der rechten Seite des Hauses stimmen; die 
Aristokratie des Landes und diesenigen Elemente der Intelligenz des Landes, 
die in der ersten Kammer außerdem noch vertreten sind, sind dafür. Wer, 
ist für die Verwerfung der Verträge? Wenn es hoch kommt, vielleicht 
nur eine Stimme mehr als ein Drittheil des Hauses und sonst Niemand. 
Doch ja noch Einer, der Anonymus des Herrn Referenten. Ich babe 
manche Anfechtung erlitten wegen meiner abschätzigen Aeußerung über die 
Agitationen in der Presse, aber das wird mir doch Niemand branstanden, 
wenn ich sage, daß die Anonymi die allerbedenklichsten und rerzweifeltsten 
Politiker sind, auf die man sich am Allerwenigsten berufen kann. Unter 
solchen Umständen kann Niemand sagen: das Volk in Baiern will die Ver- 
träge nicht; das Volk in Baiern will es wagen, die Schwierigkeiten zu be- 
stehen, und wenn es sie nicht besteht, will es lieber untergehen. Will es die 
Pfalz? Jedenfalls nicht, und da sagen Sie mir nicht, man müsse aber für 
die Pfalz etwas Anderes finden und einrichten. Mir kommt das vor, als 
wenn die Pfalz etwas wäre, was Baiern besitzt. Nein, die Pfalz ist nicht 
ein Objekt des Eigenthums von Baiern, sie ist ein Stück von uns. (Bravo!l) 
Und so wenig wir für unsern Kopf, oder für Arme und Beine etwas Be- 
sonderes einrichten können, was nicht den ganzen Körper betrifft, so wenig 
für die Pfalz. Der Herr Referent verkennt auch keinesfalls die Schwierig- 
keiten, die sich noch aus andern Erwägungen ergeben, er lehnt es desharb 
selbst ab, sich lediglich negativ zu verhalten und geht auf positive Vorschläge 
ein. Er will ja neue Verhandlungen über die Anbahnung eines Weiteren 
Bundes. Aber ich glaube, der Herr Referent sagt sich selbst, daß mit 
solchen Verhandlungen in diesem Moment nichts mehr erreicht werden wird. 
Verzeihen Sie mir, daß ich das sage, aber jetzt hat ein weiterer Bund mit 
dem Reiche wahrhaftig keinen Sinn mehr. Von einem weiteren Bund 
könnte nur die Rede sein, wenn Baiern gemeinschaftlich vorginge mit Hessen, 
Baden und Würtemberg. Anders war es auch nicht gemeint mit dem Weiteren 
Bund im Prager Frieden, anders hat es auch sonst der Herr Neferent 
nicht gemeint. Lesen Sie nur, im Programm vom September ist ganz 
ausdrücklich zu lesen von einem weitern Bund zwischen dem Norddeutschen 
Bund und den süddeutschen Staaten u. s. w. Aber jetzt, da Baiern 
für sich allein steht, da kann doch Niemand mehr an die Möglichkeit eines
	        
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