Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

822 Baiern. Kammer der Adgeordneten. 
den Bund treten, werden wir unter dem Hohngelächter Deutschlands dies in 
wenigen Jahren thun.“ (Bravo!l) Es sind gegen die Verträge auch Agitations- 
mittel angewendet worden, von denen eigentlich hier, glaube ich, besser nicht ge- 
sprochen würde. Ich bin aber genöthigt, es zu thun. Das erste, was in dieser 
Richtung in Betracht kommt, ist die Auflösung der Kammer. Meine Herren, 
ich übe gewiß keine unstatthafte Drohung, wenn ich ausspreche, was schon 
oft ausgesprochen worden ist, und in aller Munde gewesen ist, daß wenn ein 
abfälliges Wotum fallen sollte, die Auflösung der Kammer erfolgt. Wenn 
Sie die Verhältnisse ruhig abwägen, so werden Sie zugeben, wir find es 
unserer und eines Andern Ehre schuldig, die Appellation an das Land vor- 
zunehmen, und dürfen uns nicht damit begnügen, daß wir von diesem Platze 
abtreten. Aber man hat gesagt, ich habe es in einem hiesigen Blatte gelesen, 
daß von einem Abgeordneten dieses Hauses ausgesprochen worden sei, es 
nütze Alles nichts, auch wenn die Verträge angenommen würden, würde die 
Auflösung der Kammer doch erfolgen, und die Herren, die geneigt wären, 
„Ja“" zu sagen, möchten deshalb bedenken, daß der Zweck der Forteristenz 
der Kammer doch nicht erreicht werde, und möchten wenigstens ihre Grund- 
sätze wahren. Dem gegenüber erkläre ich: „Es ist nicht wahr, daß wir daran 
denken, die Kammer aufzulösen, wenn ein zustimmendes Votum erfolgt."“ 
Ich sage das nicht, um Sie zu ermuthigen, „Ia“ zu sagen, sondern um 
abzuwehren, was an ungerechten Agitationsmitteln in's Werk gesetzt worden 
ist. Ich füge bei, wenn wir die Absicht gehabt hätten, die Kammer aufzu- 
lösen, wäre es in der That thöricht gewesen, hätten wir cs nicht im Oktober 
gethan. Ein Anderes, wovon ich nur mit beklommenem Herzen spreche! Es 
ist inconstitutionell, hier in diesem Hause und von diesem Platze aus vom 
Könige zu reden; ich darf gleichwohl nicht anders, nachdem ein Abgeordneter 
einem Schritte gegenüber, den unser allergnädigster König gethan hat, in 
seinem Entlassungsgesuche die Aeußerung gemacht, es sei die Freihcit der 
Abstimmung gefährdet. Meine Herren, ich weiß nicht, ob das wirklich eine 
gerechte Forderung des ächten Konstitutionalismus ist, daß der Monarch auch 
in den Angelegenheiten, die ihn und das Land bis in das innerste Mark 
berühren, schweigen muß; aber das weiß ich, daß die Nothwehr manche 
Dinge erlaubt, die sonst rerboten sind, und in Nothwehr ist das betreffende 
Handschreiben erfolgt. Es ist ein öffentliches Geheimniß, meine Herren, 
daß man in diesem Hause und außerhalb desselben die Nachricht verbreitet 
hat, trotz allem und alledem, was Seine Majestät gethan hat, wollte 
Seine Majestät die Verträge nicht. Manche Demonstration, die inzwischen 
erfolgt ist, hat es nicht dahin gebracht, daß dieses Gerücht zum Schweigen 
kam. Können Sie verlangen, meine Herren, daß Seine Majestät Miß- 
brauch mit Seinem Namen treiben läßt? Gewiß nicht; die einfachste, die 
schonendste Art, diesem Mißbrauche vorzubeugen, war die Berufung an den 
geistlichen Oberhirten der hiesigen Kirche. — Von dem Kriege gegen Oesterreich 
war die Rede. Ja wahrlich, meine Herren, es wäre schrecklich, wenn wir in 
einen Krieg an der Seite Preußens mit Oesterreich verwickelt würden. Aber,
	        
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