Lut. 825
Schooß fallen. — Eine Erwägung ist viel besprochen worden, die nämlich, ob
ch wahr ist, daß, wenn die Verträge abgelehnt werden, darin die Gefahr
einer Verlängerung des Krieges begründet sei. Der Herr Referent hat
im Ausschusse — ich begreife selne Empfindungen, als er dies that — gesagt,
er müsse sich gegen diese Enrwägung mit allen Kräften des Leibes und der
Seele wehren, und hier in öffentlicher Sitzung hat er gesagt, daß die Be-
mfung auf die Verlängerung des Krieges das allergewaltigste Pressionsmittel
sei, das angewendet werden könne. Erlauben Sie mir, daß ich einen Augen-
blick diese Erwägung noch näher in Betracht ziehe. Man könnte sagen:
wenn das Interesse des Landes verlangt, daß die Verträge abgelehnt werden,
dann muß nöthigenfalls zur Wahrung unserer Stellung das Opfer von ein
paar Hundert unserer Söhne gebracht werden. Ich sage damit nichts Un-
gebeuerliches. Wenn man, um das Lebeneinteresse eines Staates wahren zu
kennen, einen Krieg anfängt und Tausende seiner Söhne wagt, warum sollte
man denn nicht aus demselben Motive ihn fortsetzen dürfen, fortsetzen müssen?
Es wäre also nicht ungereimt zu sagen, das Allererste, was in Betracht zu
ziehen ist, sei die Frage, ob die Selbständigkeit des Landes wirklich die Ver-
werfung der Verträge verlangt, und die Rücksicht auf die vermehrten Gefahren
des Krieges könne nicht entscheiden. Wenn Sie sich aber zu dieser An-
schauung nicht bekennen können, wenn Sie wirklich der Gefühlspolitik
nachgeben zu müssen glauben, dann, meine Herren, kann ich Ihnen
zwar nicht sagen, was wirklich geschehen wird, aber ich kann Ihnen sagen,
was ich glaube, daß geschehen wird, und warum ich es glaube. Ich weiß
nicht, ob die Geschichten wirklich wahr sind, die man davon erzählt hat, daß
ein Pariser Parlamentair zu unsern Truppen gekommen sei, und sie einge-
laden habe, zu den Franzosen überzugehen, aber das weiß ich, daß, als wir
in Versailles waren, die ganze Stadt voll von solchen Geschichten war, und
daß die Franzosen bis in die untersten Schichten die Erzählungen von dem
bevorstehenden Uebergang der Baiem geglaubt haben. Und noch etwas kann
ich Ihnen sagen. Sie erinnern sich wohl, nachdem wir uns einige Wochen
in Frankreich befunden hatten und die Verhandlungen noch immer zu keinem
Jiele gediehen waren, ist zuerst in deutschen Zeitungen das Gerücht verbreitet
worden, das dann auch zu einer weitgreifenden Agitation Veranlassung gab,
daß mit Baiern ein Vertrag nicht zu Stande kommen werde. Wir hatten
kaum noch die ersten Zeitungsartikel dieses Inhalto gelesen, als uns dasselbe
u unserm Erstaunen überall erzählt wurde, wo wir uns haben sehen lassen.
Und mehr noch, meine Herren! Zu meinem wahrhaftigen Schrecken ist am
zreiten oder dritten Tage mein Bedienter schon aus dem Speisehause ge-
kemmen und hat erzählt, daß die dort befindlichen Franzosen voll Freude
seien darüber, daß mit Baiern ein Vertrag nicht zu Stande komme, und
daß nunmehr der Bruch der Allianz in nächster Zeit zu erwarten sei, daß
dann die Baiern entweder nach Hause gehen oder auf die Seite der Fran-
zosen sich schlagen werden. Das, meine Herren, hat aber nicht blos mein
Bedienter den Franzosen nacherzählt, sondern auch die Domestiquen im Hause,