834 Baiern. Kammer der Reichsräthe.
Baiern sich nicht in geringerem Maße gestalten würde, wenn es außerhalb
des Vundes bleiben wollte; vielmehr wäre Baiern offenbar gerade dann ge-
nöthigt, wenigstens für die nächste Zeit einen größeren Aufwand auf sein
Heenvesen zu machen als denjenigen, den die Bundesverfassung ihm vor-
schreibt. Das sind die Erwägungen, meine Hohen Herren, welche den Ausschuß
zu der Ueberzengung geführt haben, daß wenn es sich wirklich nur darum
handeln würde, die in Frage stehenden Lasten zu übernehmen und die in
Frage stehenden Rechte an die Gesammtheit abzutreten, daß dann den
Verträgen sofort zuzustimmen wäre nicht blos mit Rücksicht auf äußere
zwingende Verhältmisse, sondern aus inneren Gründen, weil nämlich die Vor-
theile der Einigung Deutschlauds immer noch übenviegend wären gegen diese
Opfer, und weil die Betrachtung Platz greifen könnte, daß die Rechte, welche
die baierische Regierung und die baierische Volksrertretung abgibt an die
betreffenden Organe der Gesammtheit, den Bundesrath und den Reichstag
übergehen und daß dort auch die baierische Regierung, auch das baierische
Volk seine Vertretung findet. Aber, meine Hohen Herren, damit war der
Ausschuß dann an ein Bedenken gekommen, über welches ihn die einfache
Erwägung der Vortheile, die Deutschlands Einigung bietet, nicht mehr hin-
wegzuführen vermochte. Es ist eben nicht an dem, daß die abzu-
tretenden Rechte an die Gesammtheit abgetreten werden. Die Sourerä-
nitäts= und Regierungsrechte, auf welche die einzelnen Bundesstaaten, also
auch Baier, verzichten müssen — sie fallen nicht an die im Bundesrathe reprä-
sentirte Gesammtheit der Bundesregierungen, sondern sie fallen an Eine
Regierung: an die Präsidialmacht, die Krone Preußen, und die Gesetzgebungs-
und Vewwilligungsrechte, welche von den Volksrertretungen der einzelnen
Staaten, also auch von der baierischen Volksvertretung abgetreten werden,
sie fallen nicht unverkümmert und unverkürzt an die im Reichstage repräsen-
tirte Gesammtvolksvertretung des Bundes, sonderm sie gehen zu einem be-
trächtlichen Theile verloren, theils absorbirt durch die Vorrechte der Präsidial-
macht theils beeinträchtigt durch die Stellung, die überhaupt der Reichstag
in der Bundesverfassung einnimmt. Es ist nicht schwer dies nachzuweisen
aus den betreffenden Verfassungsbestimmungen. Die Bundesverfassung über-
weist die Fülle der Souveränitätsrechte, das Recht über Krieg und Frieden,
über Bündnisse und Staatsrerträge fast ausschließlich nicht an den Bundes-
rath sondern an die Krone Prcußen. Eine einzige Ausnahme ist gegeben:
die daß zur (erklärung eines Offensiv-Krieges die Zustimmung des Bundes-
rathes erforderlich ist. Es muß zugegeben werden, daß mit dieser Bestim-
mung eine wesentliche Verbesserung im Sinne des föderatiren Prinzipes ge-
wonnen worden ist im Gegenhalte zu der früheren betreffenden Bestimmung
der Norddeutschen Bundesverfassung. Aber ein übergroßes Gewicht vermochte
der Ausschuß auf diese Verbesserung nicht zu legen, indem er in Erwägung zog,
wie leicht die äußere Jorm des Beginnens eines Krieges als Offensiv= oder
Defensivkrieg sich bestimme oder bestimmt werden kann, und indem er abge-