Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

850 Baiern. Kamwer der Reichsräthe. 
welche die Vereinzelung der deutschen Staaten hervorrufen würde. Der dritte 
Pumkt endlich, der mir eine wesentliche Bedingung für die gedeihliche Ent- 
wickelung Deutschland zu sein scheint, ist, meine Hohen Herren, die Erhaltung 
und Pflege der freundschaftlichsten und innigsten Beziehungen zu unserem 
mächtigen Nachbarstaate, der österreichisch-ungarischen Monarchie. Baiern ist 
hiebei ganz besonders interessirt und betheiligt. Ich habe nicht versäumt, mit 
den hervorragendsten Staatsmännern in Versailles diesen Gegenstand ein- 
geheud und wiederholt zur Sprache zu bringen, und ich muß es bestimmt 
aussprechen, daß ich dort in dieser Beziehung den entgegenkommendsten An- 
sichten und Wünschen begegnet bin. Ja noch mehr, es wurde daselbst der 
Wunsch ausgesprochen, daß es gelingen möge, durch internationale Verträge 
das bestehende freundschaftliche Verhältniß noch fester zu knüpfen. Die seit- 
her der Oeffentlichkeit übergebene Depesche des Grafen Bismarck aus 
Versailles vom 14. d. M. spricht sich in dieser Hinsicht sehr bestimmt aus. 
Sie äußert den lebhaften Wunsch, mit dem mächtigen und befreundeten Nach- 
barreiche Beziehungen zu pflegen, welche der gemeinsamen Vergangenheit 
ebenso wie der Gesinnung und den Bedürfnissen der beiderseitigen Bevölke- 
rung entsprechen; und an einer andern Stelle wird von dem Verlangen 
gesprochen, „die freundschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu dem öster- 
reich-ungarischen Nachbarreiche zu erhalten und zu fördern, auf welche beide 
durch die ihnen gemeinsamen Interessen und die Wechselwirkung ihres geistigen 
wie ihres materiellen Verkehrslebens angewiesen siud.“ 
v. Aeumayr als Referent?'): Was die Befürchtung vor der rücksichts- 
losen Einführung der bereits bestehenden Norddeutschen Bundecgesetze in 
Baiern betrifft, so ist diese Befürchtung auch im Ausschußrefcrate schon an- 
gedeutet. Aber so schlimm scheint mir die Sache doch nicht zu liegen. Die 
Gesetze des Norddeutschen Bundes können durch die Bundesgesetzgebung auf 
Baiern nur insoweit auwendbar erklärt werden, als der Gegenstand des be- 
treffenden Gesetzes ein solcher ist, welchen die Bundesverfassung dem Gebiete 
der Bundesgesetzgebung zuweist. Ich habe schon zu erwähnen die GEhre ge- 
babt, daß diesem Gebiete nur solche Gegenstände zugewiesen sind, von denen 
sich in keincr Weise behaupten läßt, es seien in Bezug auf den einen oder 
den anderen die spezifischen Interessen Baierns wesentlich anders gelagert 
als die Interessen der übrigen Bundesstaaten. Es darf also schon im Voraus 
angenommen werden, — und in der That findet sich diese Annahme bei 
näherem Eingehen auf den Juhalt der hier in Frage stehenden Gesetze be- 
stätiget — daß durch keines derselben, wenn es auch wirklich unverändert bei 
uns eingeführt werden sollte, eine Schädigung Baierns in Auesicht gestellt 
ist. Anbelangend endlich den Malzaufschlag, so glaube ich, daß in dieser 
Beziehung durch die Bestimmungen der Bundesverfassung vollkommene 
  
— 
"% S. 86.
	        
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