Art. 1. Bismarck. 881
können; ich will nur daran erinnern, was ich Ihnen bei einer früheren Ge-
legenheit gründlicher nachgewiesen habe, daß Ihre Wähler mit dem, was
Sie hier angeblich im Namen Ihrer Wähler erklären, nicht einverstanden
sind, und daß die Sache von solcher Notorictät ist, daß ich mich darüber
jedes Beweises überheben halten kann. Ihre Landsleute haben mit demselben
Muthe und mit derselben Hingebung für die Sache, welche uns hier vereint,
gestritten wie die Bewohner jedes anderen Theils von Preußen, und Ihre
Landslente, die Sie hier vertreten, sind für die Segnungen der preußischen
Kultur gerade so dankbar wie die Bewohner Schlesiens und anderer Pro-
vinzen. (Lebhafte Zustimmung.) Ich bestreite Ihnen ferner — und ich
glaube, es geschieht von dieser Stelle schon zum zehnten Male — das Recht
sich auf einen Vertrag für Sonderstellung einzelner Provinzen im preußischen
Staat zu berufen. Sie haben es stets sorgfältig vermieden, diese Verträge
ihrem vollen Wortlaute nach anzuführen. Ich habe im preußischen Land-
tage an dieser Stelle Gelegenheit gehabt, dies wörtlich nachzuweisen, und
aam weil Sie hier unrichtige Behauptungen wiederholen, muß ich auch
meinen Widersprich dagegen wiederholen. Es wäre die Existenz des Groß-
herzogthums Posen und Westpreußen im preußischen Staat, wie sie seit einem
halben Jahrhundert ist, nicht möglich gewesen, wenn etwas Derartiges, wie
Sie stets wiederholt anführen, in den Verträgen stipulirt wäre. Ich möchte
Sie dann auch daran erinnern, uns mehr durch das Beispiel der Duldsamkeit
als durch Ihre Worte zu belebren. Wie lat sich denn die polnische Nation
zu der Zeit, wo sie selbstständig war, gegen die von ihr mit dem Schwert
Unterworfenen verhalten? Wollen Sie uns das Benehmen, welches Sie
gegen die Ruthenen, gegen die unter Ihrem Seepter lebenden Russen, gegen
die Litthauer, ja gegen die Deutschen beobachtet haben, zum Muster empfehlen?
Dann, meine Herren, würde Ihre Existenz in dicsem Lande vollständig
unerträglich werden, wenn wir Sie so behandeln wollten, wie Sie die durch
Eroberung unterworfenen Deutschen behandelt haben! Die Herren, die sich
mit der Spezialgeschichte von Westpreußen vertrant gemacht haben, werden
sich erinnern, daß wir in diesen Tagen einen Gedächtnißtag für die Stadt
Thom haben feiern können, wo die polnischen Herrscher es den Deutschen
mit blutiger Schrift bewiesen haben, wie sie nationale Sonderbestrebungen
zu behandeln entschlossen waren. Fürchten Sie nicht, meine Herren, daß
wir aus diesen historischen Reminiscenzen, zu denen Sie mich wider meinen
Willen zwingen, irgend ein Beispiel oder eine Empfindlichkeit übernehmen.
Die verbündeten Regierungen und insbesondere Ihre Landesregierung, die
königlich preußische, wird fortfahren in den Bestrebungen, die Segnungen
des Rechtsschutzes und der Gesittung unter den Dankbaren und unter den
Undankbaren zu verbreiten, und glücklicherweise sind die Dankbaren in der
Mehrheit auch bei Ihnen. (Lebhaftes Bravo.)