Art. 2. Grundrechte. Greil. 923
auch dieses Hervorheben vielleicht so übel nicht gemeint gewesen ist, ich hätte
gewünscht, daß bei der Gelegenheit der Gegensatz gar nicht ausge-
sprochen worden war, wie wir ihn auch bisher nicht ausgesprochen
haben, und, meine Herren, ich gebe Ihnen die Versicherung — und ich
glaube, ich spreche hier im Sinne meiner sämmtlichen Gesinnungsgenossen —
ich gebe Ihnen die Versicherung, ich werde nie, so lange ich hier ein Wort
srreche, je einen Gegensatz gegen eine andere Konfession in der Weise betonen,
wie derselbe hier betont worden ist, nie, nie! Uebrigens, meine Herren,
war das nicht der einzige Auedruck, der in dieser Beziehung gefallen ist,
und der mir weh gethan hat; ein anderer Ausdruck hat geheißen: der
Kampf, der uns bevorsteht, sei der Kampf des Germanenthums, des
germanischen Geistes gegen römische Herrschaft, gegen römische Gewalt.
(Ja wohl! Schr richtig!) Nun, meine Herren, wenn man diesen Auedruck
zum ersten Male erst hörte, dann könnte man meinen, darin liege nichts
Verdächtiges, darin liege nichts, was einen entschiedenen Katholiken kränken
könne; allein wenn man diesen Ausdruck bereits dutzende Male in den
Jeitungcn gelesen hat und die Deutung zugleich gelesen hat, daß hiermit
die Unterdrückung des Katholizismus gemeint sei, — (lebhafter Widerspruch)
meine Herren, die Zeitungen können beigebracht werden, wenn es nothwendig
sein sollte, für den Augenblick habe ich sie nicht, — (Ah! Heiterkeit) wenn
sich nun zeigt, daß die Zeitungen die Sache so ausgelegt haben, dann ist
Grund genug vorhanden die Sache bedenklich zu sinden, und ich hätte sehr
gewünscht, daß ein Norddeutschland angehöriges Mitglied unseres Reichstages
diesen Ausdruck abgeschwächt oder in einer Weise gedeutet hätte, daß er uns
nicht verletzen könnte. Nun, meine Herren, einem solchen Wirken eines
germanischen Geistes in dem Sinne, wie ich die Sache jetzt eben dargestellt
und auch aufgefaßt habe, können Sie in keiner Weise besser entgegentreten,
als wenn Sie den christlichen Konfessionen, den Konfessionen, den Religions-
genossenschaften diejenige Freiheit geben, in welcher sie sich innerhalb ihres
Gebietes unbeirrt durch unberechtigte Gewalten bewegen können, unbeirrt
durch Eingriffe, welche doch zuletzt zu nichts Anderem führen als zur Ver-
gewaltigung eines großen Thcils derjenigen Bürger Deutschland, welche gleich
den übrigen den Anspruch haben, daß sie in ihren heiligsten Interessen nicht
beeinträchtigt werden. Das, meine Herren, führt mich auf einen andern
Punkt, der ebenfalls in den Debatten bereits ausgesprochen worden ist. Es
hat geheißen: „ein Gegensatz zwischen Staat und Kirche ist vorhanden, ein
Gegensatz, dessen Ausgleichung wohl nicht leicht möglich ist; aber er kann
ausgeglichen werden, wenn der Papst diejenigen Sätze streicht, welche sich
mit dem Staate nicht vereinbaren lassen, wie wir ihn brauchen.“ Meine
Herren, dieser Ausspruch, den Sie fast wörtlich so in den stenographischen
Berichten lesen können — ich habe ihn erst heute Morgen gelesen — ent-
hält für uns außerodentlich viel, enthält für uns eine Gefahr, gegen die wir
uns im neuen Reiche nicht entschieden genug wehren zu können glauben —
eine Gefahr nämlich, daß das Kirchenwesen jeden Augenblick durch die