Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Art. 1. Grundrechte. Mallinckrodt. 953 
hauptes „verdammt", — ich sage: nein, das ist nicht so, und erwarte die 
Beweise, (Abgeordneter Kieser: Ich werde sie bringen!) es genügt mir 
nicht die Anklage. Der Herr Vorredner sagt weiter, es sei unsererseits stets 
die deutsche Idee bekämpft, — ich bestreite die Wahrheit dieser Behanptung 
und bitte nur das Wort „deutsch" nicht zu mißbrauchen. Die deutsche 
Idee erschöpft sich mit nichten in dem Gedanken und in den Tendenzen, 
welche die Herren verfolgen; ich erinnere an den Unterschied von Groß= und 
Kleindeutsch. Deutsch wäre wohl Beides, das Großdeutsch aber noch in 
vollerem Maße wie das Kleindeutsch. Lassen Sie uns darüber jetzt nicht 
weiter rechten. Wir haben ein Deutsches Reich, wir haben eine Deutsche Ver- 
fassung, und wir unsererseits sind vollständig bereit uns loyal und treu auf 
diesen Boden zu stellen. Es ist von dem Herrn Vorredner bemerkt, der 
§* 15 sei ein Komrromiß der eingeschüchterten preußischen Regicrung, 
— mit wem ist denn das Kompromiß geschlossen, von wem war die preußi- 
sche Regierung eingeschüchtert? Von dem Ultramontanismus im Jahre 482 
Meine Herren, ich erinnere Sie an die Jahre 48 und 49 in Baden. Da 
warenes nicht die Ultramontanen, die der preußischen Regierung gegenüberstanden, 
— nein, nachdem das preußische Heer in Baden eingezogen war, da ließ die 
preußische Regierung sogar den Jesuiten freie Hand im Lande Baden; das 
waren nicht die Gegner, mit denen kompromittirt zu werden brauchte, die 
Gegnerin war die Revolution. Der Herr Abgeordnete aus Baiern, der 
vorhin sprach, hat sich etwas weniger heftig geäußert, aber er war doch auch 
sehr reich an allerlei unrichtigen Bemerkungen: sie alle hier zu rekapituliren, 
würde sehr weit führen. Ich begnüge mich wiederum mit Wenigem. Er 
versprach uns am Schluß seiner Rede die volle Freiheit, volle Parität, aber 
unter einer Bedingung, meine Herren, unter der Bedingung, daß wir uns 
erst bekehrten; wir sollten erst alle die Verschiedenheiten fallen lassen, die 
unsere Ansichten von den seinigen unterscheiden, und dann wäre er vollständig 
bereit, uns zu rezipiren als gleichberechtigte Bürger. Er sprach im Uebrigen 
von dem erhabenen Standpunkte des souveränen Landes Baiern aus in einer 
Weise, die mir die Frage nahe legt, ob denn wohl der Staat Baiern von 
älterem Datum sei als die Kirche, von der er redete. Ich glaube, der Staat 
Baiern wird, so wenig er älter ist, ebenso wenig die Kirche überleben! 
Warten wir ruhig, was die Geschichte bringt! (Bewegung.) Was die Aus- 
führungen des Herrn Abgeordneten von Blanckenburg anbelangt, so brachte 
er ein paar Argumente, die der Lage meines Erachtens nicht entsprechen, 
indem er versicherte, er seinerseits und seine Partei seien vollständig bereit, 
den Kirchengesellschaften gegen unberechtigte Eingriffe Schutz zu bieten. J, 
meine Herren, die Besorgniß vor dieser Partei (nach rechts) ist es nun auch 
wirklich nicht, die unserem Antrage zu Grunde liegt; wir sind wenigstens der 
Ueberzeugung, daß, wenn die Partei diejenigen Grundsätze festhält, die allein 
sie zu ihrem Namen berechtigen, dann von der Seite nichts zu fürchten ist. 
Freilich habe ich seit einigen Jahren wohl Gelegenheit gehabt, zu beobachten,
	        
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