Art. 2. Grundrechte. Rabenau. 957
daß wenn die Grundsätze einmal auf dem Punkt angelangt sind, auf welchen
sie leider durch das Hineintragen religiöser Angelegenheiten in diese Debatte
gekommen sind, diese Gegensätze dann möglichst scharf gestellt werden müssen,
damit Jeder wisse, woran er ist. Ich werde versuchen das zu thun. Der
Kommentar zu dem Antrage Reichensperger und Genossen und über die
Stellung der päpstlichen Kurie zu dieser Frage ist gegeben in der „Civika“ vom
18. März 1871 — bekanntlich das offizielle Organ der römischen Kurie —:
„Der Papst ist oberster Richter der bürgerlichen Gesetze; in ihm laufen die
beiden Gewalten, die geistliche und die weltliche, wie in ihrer Spitze zusam-
men, denn er ist der Stellvertreter Christi, welcher nicht nur ewiger Priester
sondern auch König der Könige und Herr der Herrschenden ist“, und gleich
nachher heißt es weiter: „Der Papst ist kraft seiner hohen Würde auf dem
Gipfel beider Gewalten.“ Meine Herren, das sind dieselben Grundsätze,
welche die religiösen und bürgerlichen Zerwürfnisse und den Zerfall Deutsch-
lands im Mittelalter herbeigeführt haben, die Grundsätze der Kurie sind
heute noch dieselben und werden ewig dieselben bleiben. Ich nun, und ich
glaube mit mir der größte Theil des Hauses, stehe auf einem anderen,
diametral entgegengesetzten Standpunkt. Uns ist der Staat die einzige Quelle
der Gesetzgebung, und diese beiden Gegensätze halte ich für unvereinbar.
Hiermit ist die Situation ganz klar gegeben. — Dem Herrn Abgeorducten
für Tauberbischofsheim bin ich eine Antwort schuldig. Er rief uns vorher
zu: „verletzen Sie nicht das religiöse Gefühl des Elsaß;“ ich unterbrach ihn
— allerdings nicht in ganz parlamentarischer Weise ich gestehe es —
mit dem Zurufe: „nicht wir, sondern Sie verletzen das Gefühl des Elsaß
durch die Grundsätze, die Sie verfechten.“ Meine Herren, ich bin Ihnen
schuldig, diesen Satz zu motiviren. Die Herren aus dem Centrum sind
in dem Antrage, so wie sie ihn gestellt haben, nicht mit ihren letzten Zielen
herworgerückt. Mit viel größerer Präzision und Schärfe geht das hervor
aus einem Aktenstück, das — ich weiß nicht, ob auch anderwärts, — aber
hessischen Abgeordneten bei den Reichstagswahlen als conditio sine qua non
der Unterstützung durch die Katholiken zur Anerkennung als Direktivre für ihr
Verhalten im Reichstage vorgelegt wurde. Unterzeichnet ist dasselbe unter
andern von zwei Mitgliedern des Domkapitels in Elbing, dem Domkapitular
Dr. Moufang und Domkapitular Dr. Haffner. Die weitcren Unterschriften
sind: Karl Fürst zu Isenburg-Birstein, Franz Frhr. v. Wambolt, Oberrech-
nungsrath Backé. Datirt ist das Aktenstück: Mainz, den 12. Januar 1871.
Meine Herren, in diesem höchst merkwürdigen Kommentar zu dem, was die Herren
hier beantragt haben, werden Sie auch die Erklärung finden zu dem, was dae kleri-
kale Centrum bei der Adreßberathung unter dem Worte, Intervention" verstanden.
Das ist hier vollständig klar gestellt durch die Ausführungen des Kommentars
unter 4. Das geht auf die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes.
Das Aktenstück lautet, — wünschen Sie, daß ich es ganz verlese? (Jal)
„In nächster Zeit werden die Wahlen zum Reichstag in dem Großherzogthum
stattfinden. Der Ausfall dieser Wahlen wird nicht blos für die bürgerlichen