Art. 2. Grundrechte. Miaquel. 969
angeregt haben; wir danken Ihnen sogar, daß Sie sie angeregt haben, daß
Sie sich damit auf einen Boden gesetzgeberischer Kompetenz mit uns gestellt
haben! Was uns allein trennt, ist die einseitige Forderung, die Sie stellen
zu (Gunsten der katbolischen Kirche, — einseitig nicht dem Scheine nach, sondern
dem Wesen nach; was uns trennt, ist die Unmöglichkeit einer solchen Gesetz-
gebung kopfüber möchte ich sagen — einer Gesetzgebung, die die bestehen-
den Thatsachen und rechtlichen Zustände nicht berücksichtigt; einer Gesetz-
gebung, die sogar nach den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Greil
dahin führt, daß, während ein Satz proklamirt wird, der jeder Möglich-
keit des Konkordats entgegensteht, die katholischen Abgeordneten aus Baiern
doch glauben, daß sie mit diesem Satze die Konkordatsrechte und das Konkordat
selbst erbalten können: — einer Gesetzgebung sage ich von der Niemand von
uns die Wirkungen im Einzelnen auf die süddeutschen Staaten ermessen
kann; — einer Gesetzgebung, bezüglich welcher wir nicht einmal einig sein wür-
den in Beziehung auf ihre Grundlage. — Denn während ich in dem, was die
Herrn Abgeordneten Reichensperger und Genossen fordern, die Forderung der
Lösung der Frage wegen des Verhältnisses von Staat und Kirche erblicke,
beschränkt merkwürdigerweise der Abgeordnete Windthorst die ganze Frage
auf die Regelung derjenigen Vereine, welche von der katholischen Kirche ge-
schaffen sind. Wäbrend in einem Athemzuge die völlige Unabhängigkeit
der katholischen Kirche gefordert wird, sagt er auf der anderen Seite: die
katholische Kirche ist kein Verein, sie selbst fällt nicht unter den Kompetenz-
artikel sondern nur diejenigen Vereine, die aus ihr hervorgehen. Da sieht
man also, über die Grundlagen, über die Folgen sind wir im Dunkeln und
Unklaren. Mit einer solchen Gesetzgebung wollen wir das Deutsche Reich
und seine parlamentarische Wirksamkeit nicht einleiten. Es wird die Zeit
kommen, wo wir mit mehr Ruhe und mit mehr Gründlichkeit hoffentlich
dann zur Befriedigung wenn auch nicht Aller so doch wenistens der Pro-
testanten und der deutschen Katholiken diese Fragen erledigen. Schließlich,
meine Herren, will ich die Gelegenheit benutzen, einen Vorwurf des Herrn
Abgeordneten Greil zu berichtigen. Der Herr Abgeordnete Windthorst hat
letzthin schon in einer ganz eigenthümlichen Weise meine Worte mißverstanden,
und es wurde mir schwer bei Gelegenheit der persönlichen Bemerkung mich
vor Mißdeutung zu schützen. Der Herr Abgeordnete Greil hat mir heute
vorgeworfen, ich hätte gesagt: wie könne man an eine Intervention für den
Papst denken in einem Staate, der drei Fünftel Protestanten habe: er hat
aber — wahrscheinlich unabsichtlich — vergessen hinzumfügen, daß ich, indem
ich die Unmäöglichkeit der kriegerischen Intervention für den Papst auszu-
führen suchte, mich darauf nicht beschränkte, sondern daß ich ausdrücklich den
Satz, den er in den Stenograxhischen Berichten finden wird, hinzusetzte, den
Satz nämlich: „und in Deutschland, wo auch die große Mehrheit der deutschen
Katholiken eine solche Intervention verwirft.“ (Hört! hörtl!) Alles, was der