Art 2. Grundrechte Stauffenberg. 979
ein Friedhof sich nicht befindet — also ich sage, daß gerade bezüglich dieses
Artikels der päpstliche Nuntius Falcinelli in einem Protest, welchen er der
österreichischen Regierung einreichte, denselben als einen solchen bezeichnete,
welcher jedes katholische Gefühl beleidigen müßte, (Hört! Hört!) und daß
die päpstliche Allokution, welche über dieses Gesetz vom 25. Mai 1868 er-
lassen wurde, gerade diesen Artikel 12 als einen verwerflichen bezeichnete,
weil er gestattet, daß die Ketzer auf den katholischen Friedhöfen beerdigt
werden. (Aeußerungen des Unwillens.) Das, meine Herren, sind sehr ernst-
hafte Dinge, die mit einem Kopfschütteln nicht beseitigt werden können.
(Sehr richtigl) Sie können die bestimmtesten Versicherungen geben, wir
wissen aber nicht, in welcher Weise einc solche allgemeine Redensart —
nehmen Sie mir das nicht übel, denn der Artikel enthält im Ganzen nichts
weiter als eine allgemeine Redeneart — ausgelegt werden kann. Num,
meine Herren, wie soll es denn mit dem Aollzug dieser Bestimmungen
weiter gehalten werden, wer soll kompetent sein, die Ausführungsgesetze,
welche ganz absolut nothwendig sind, zu erlassen? soll die Reichsgewalt dazm
kompetent sein oder dic einzelnen Landesgesetzgebungen? Auch darüber,
meine Herren, habe ich eine befriedigende Aufflärung durchaus nicht ver-
nommen: Sie haben in dem Artikel 4 der Deutschen Bundesverfassung bis
jetzt eine Aenderung nicht beantragt, Sie haben nicht beantragt, das Be-
aufsichtigungsrecht und das Gesetzgebungsrecht der Reichsgewalt auch über
diese Dinge zu erstrecken, sondern Sie haben sich begnügt, diesen Punkt in
die Grundrechte mit aufzunehmen. Wir haben keine Behörde, welche es
überwacht, daß die zum Vollzug nothwendigen Gesetze erlassen werden, wir
baben keine Reichsbebörde, welche dafür sorgt, daß die nothwendige Kon-
formität in den einzelnen Ländern berrscht, und noch weniger, daß die
diese Konformität herbeiführenden Gesetze erlassen werden. Es ist von dem
Herrn Abgeordneten Io#r. Windtborst gesagt worden, Sie seien zu diesen
Grundrechten genöthigt worden durch die Komxetenzerweiterungen, welche
mit den Verfassungsverträgen verbunden wären, in specie durch die Num-
mer 106 des Artikels 4. Num spricht diese Nummer 16 des Artikels 4 von
dem Preß= und Vereinswesen, und ich will dem Herrn Redner vollständig
Recht geben, daß er hierdurch zu den Grundrechten Veranlassung hatte,
welche das Preß= und Vereinswesen betreffen; aber wie er dazu kommt, in
diese Nummer 16 des Artikels 4 die gesammte Kultusgesetzgebung
hineinzuziehen, — das ist mir vollständig unfaßlich! Es geht den fremden
Abgcordneten, welche noch nicht an die Sprechweise des genannten Redners
gewöhnt sind, in dieser Beziehung etwas eigenthümlich, wir wissen manch-
mal nicht was Ernst oder Scherz ist in dem, was er sagt, (Heiterkeit) und
ich habe, nachdem er gesrrochen, mich wirklich etwas verwimdert, dieselben
Ausführungen, welche er gemacht hat, wenigstens in kurzen Worten von dem
Herrn Abgeordneten von Mallinckrodt ganz ermsthaft wiederbolt zu hören. —
Das ist mir ganz unfaßlich! Mit demselben Rechte, mit welchem Sie da-
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