Art. 2. Grundrechte Frankenberg. 983
Graf von Frankenberg (Falkenberg-Grottkau):') Meine Herren!
Wenn ich das erste Mal in dieser hoben Versammlung das Wort ergreife,
so ist es mit Trauer und Befangcuheit, weil ich mich wenden muß gegen
eine Partei, mit welcher zu kämpfen und mit welcher zu gehen mein Ge-
fühl und mein Herz mich treibt, weil mit dieser Partei das, was dem
Menschen das Höchste ist, mich verbindet: die Religion. Meine Herren, ich
bin gewählt in einem katholischen Wahlkreise, hierher gesandt zur Vertretung
der katholischen Interessen, und gerade weil ich diese Interessen vertreten
will, muß ich mich heute gegen diese Anträge erklären, welche die Centrums-
pantei gestellt hat. (Hört! hört!) Ich muß, meine Herren, mich in Schutz
nehmen gegen Angriffe, die hier im Hause erfolgt sind, ich muß meine
Freunde, die gleich mir gegen die Anträge des Herrn Abgeordneten
Reicheneperger stimmen wollen, in Schutz nehmen, und ich muß auch die-
jenigen meiner Freunde, welche in katbolischen Wahlkreisen gewählt sind,
nicht aber selbst Katholiken sind, dagegen in Schutz nehmen, daß uns die
katholischen Intercssen vielleicht weniger am Herzen lägen, daß wir weniger
bereit wären, für sie immerdar einzutreten, als Sie, meine Herren (zum
Centrum gewandt). Ich hätte es nicht unternommen, in so später Stunde
in dieser angreifenden und unseligen Debatte noch das Wort zu ergreifen,
wenn ich eben diesen meinen Standpunkt nicht wahren müßte, und, meine
Herren, wenn ich mich nicht vertheidigen müßte gegen Angriffe, die gegen
uns außer diesem hohen Hause erfolgten. Meine Herren, ich habe hier ein
Blatt, welches diesen Herren sehr nahe steht, die Berliner „Germania“ vom
Sonntag in der Hand;: darin ist abgedruckt die motivirte Tagesordnung,
welche von Graf Renard und meinen politischen Freunden unterzeichnet ist.
Die einzige Bemerkung, welche das Blatt zu diesem Antrage macht, ist
folgende: „Wir wissen, daß unter den Unterzeichnern sich Männer finden,
die positiv bestimmte Garantien gegeben haben mit Bezug auf die Inten-
tionen des Reichenspergerschen Antrags; eine eigenthümliche Stellung nahmen
diese Herren schon bei der Adreßdebatte ein, wo es — wenigstens indirekt —
sich um das Wohl des heiligen Vaters handelte, indeß in dieser Beziehung
haben sie wenigstens keine Garantien gegeben, oder doch nicht in so —
wir wiederholen — in so positiver Weise, als in Bezug auf die Hinüber-
führung bestimmter Paragraphen aus der Landesverfassung in die Reichs-
verfassung. Wenn nichts, so wird das eine Lehre für die nächsten Wahlen
sein, und wir glauben heute schon versichern zu können, daß die Herren,
welche schon nach so kurzer Zeit ihr Wort nicht gehalten haben,
nicht mehr als „gewählte Vertreter des Volkes"“ hier in Berlin ein-
ziehen werden.“ Meine Herren, ehe einer von uns zum Worte gekommen
war, um unsere Anträge zu vertheidigen, steht das in einer katholischen
Jeitung in Berlin, (Hörtl hörtl) und ich fordere den Herrn Abgeordneten
*) St. B. S. 142 l. o.