14 II. Geschichte und System des deutschen und römischen Rechts.
eine Mitwirkung der Frau erforderlich. Die innere Seite des Verhältnisses wurde durch diese
nach außen hin hervortretende Einigung des Vermögens nicht berührt, indem beide Ehegatten,
ohne in eine Rechtsgemeinschaft einzutreten, Subjekte ihres Vermögens blieben, so daß nach
wie vor zwischen dem Gute des Mannes und dem Frauengute zu unterscheiden war.
Zu den Bestandteilen des Frauengutes gehörten insbesondere drei durch Ursprung und
Zweck gekennzeichnete Gaben, nämlich die Aussteuer oder Heimsteuer, das Gut, das der Frau
aus dem Elternhause oder aus der Hausgemeinschaft, der sie angehörte, anläßlich der Ehe-
schließung mitgegeben wird, ferner zwei Gaben des Mannes, das aus dem Mundschatz hervor-
gegangene Wittum, auch dos genannt, und die Morgengabe, ursprünglich ein freiwilliges, aber
auf der Sitte beruhendes Geschenk, das der Mann der Frau am Morgen nach der Brautnacht
darbrachte. Einzelne Stammesrechte gewährten der Frau ein gesetzliches Wittum oder eine
gesetzliche Morgengabe, falls und soweit solche nicht vertragsmäßig bestellt waren. So gebührte
nach jüngerem salfränkischem Rechte der Frau als gesetzliche dos die sogenaunte tercia, ein Drittel
vom beweglichen und unbeweglichen Vermögen des Mannes.
Franken und Westfalen kannten schon in fränkischer Zeit eine beschränkte Gütergemein-
schaft; sie räumten der Frau einen Anteil an der Errungenschaft ein, d. h. an dem Vermögen,
das die Ehegatten während der Ehe durch Arbeit oder entgeltliches Rechtsgeschäft erwarben.
An der Errungenschaft bestand eine Rechtsgemeinschaft, an der die Frau bei den Franken zu
einem Drittel, bei den Westfalen zur Hälfte beteiligt war.
Bei Auflösung der Ehe fiel das vorher in der Hand des Mannes geeinte Vermögen in
seine Bestandteile auseinander. Doch gestaltete sich das Schicksal der das Frauengut bildenden
Gaben verschieden mit Rücksicht auf den verschiedenartigen Charakter, den sie unter dem Ge-
sichtspunkte der Zweckschenkung besaßen, und mit Rücksicht auf den Einfluß, den nach manchen
Rechten die Geburt eines lebendigen Kindes auf das Güterrecht durch Herbeiführung einer
engeren Gemeinschaft unter den Ehegatten ausübte. Starb der Mann, so nahm die Frau die
einzelnen Bestandteile des Frauengutes; das Wittum häufig nur zu unveräußerlichem lebens-
länglichen Eigentum, indem es bei beerbter Ehe den Kindern verfangen, bei unbeerbter Ehe
dem Rückfall an die Verwandten des Mannes (des Bestellers) unterworfen war. Löste sich
die Ehe durch den Tod der Frau auf, so fiel die Morgengabe an den Mann als den Geber zurück.
Das Wittum gebührte bei unbeerbter Ehe in der Regel dem Manne, bei beerbter Ehe den Kindern.
Die Aussteuer kehrte bei unfruchtbarer Ehe an den Besteller oder dessen Erben zurück; anderen-
falls gehörte sie zur Erbschaft der Frau. Doch behielt bei fruchtbarer Ehe der Mann nach ober-
deutschen und nachmals auch nach fränkischen Rechten die Aussteuer für Lebenszeit.
In nachfränkischer Zeit haben die meisten deutschen Stammesrechte eine Gütergemein-
schaft aufzuweisen. Sie tritt entweder durch die Eheschließung an sich oder doch mit dem Bei-
lager ein oder erst dann, wenn in der Ehe ein lebendiges Kind geboren worden war, während
bei unfruchtbarer Ehe an der Verwaltungsgemeinschaft festgehalten wird. Der fruchtbaren
Ehe wird an vielen Orten die überjährige Ehe gleichgestellt. Die Gütergemeinschaft ist entweder
Errungenschaftsgemeinschaft, oder sie ist Fahrnisgemeinschaft, d. h. Gemeinschaft des beweg-
lichen Vermögens und der Errungenschaft. Einzelne Rechte, so insbesondere westfälische und
fränkische, sind zu einer allgemeinen Gütergemeinschaft vorgeschritten. Als Übergangsformen
finden sich bei den Franken die Rechtsinstitute der Verfangenschaft und des Teilrechtes. Die
so zur Entwicklung gelangte Gütergemeinschaft läßt an den Vermögensteilen, die sie ergreift,
wahre Rechtsgemeinschaft entstehen und äußert sich praktisch zumeist in der Haftung für Schulden
und in der Behandlung des Vermögens bei Auflösung der Ehe.
Im Gegensatz zu den im fränkischen und westfälischen, im friesischen Rechte und in Süd-
deutschland ausgebildeten Arten der Gütergemeinschaft hat das ostfälisch-sächsische Recht, wie
es uns im Sachsenspiegel und in den Quellen des Magdeburger Rechtes überliefert ist, das
System der Verwaltungsgemeinschaft bewahrt. Eigentümlich ist ihm u. a. das Institut der
Gerade. Diese besteht aus den zum persönlichen Gebrauch der Frau bestimmten und aus den
ihrem häuslichen Wirkungskreise angehörigen Gegenständen, wie sie die Aussteuer zu bilden
pflegten. Bei Auflösung der Ehe wurde der Frau statt der im konkreten Falle eingebrachten
Aussteuer als deren Ersatz die Gerade herausgegeben. Außerdem erhielt die Frau nach dem
Tode des Mannes die Morgengabe, den sogenannten Musteil, das ist die Hälfte des auf dem