168 II. Geschichte und System des deutschen und römischen Rechts.
maßgebend, die aus Anlaß eines von Karl V. beabsichtigten Römerzugs für ein dem Kaiser be-
willigtes Heer von 4000 Reitern und 20 000 Fußknechten aufgestellt worden war. Darin wurde
das Maximum des Monatssoldes für den Reisigen auf zehn (später zwölf), für den Fußknecht
auf vier rheinische Gulden festgestellt. Als nach dem Nimweger Frieden ein neuer Krieg mit
Frankreich drohte, hat man 1681 die Verteilung der Truppenkontingente und deren Vereinigung
zu Regimentern den Reichskreisen übertragen.
Die Reichsstände hatten die vom Reichstag bewilligten Reichssteuern aufzubringen. Es
gab nur eine ordentliche Reichssteuer, die 1548 zur Erhaltung des Kammergerichts bewilligten
Kammerzieler. Außerordentliche Steuern wurden namentlich für Reichskriege bewilligt, und
zwar mit Zugrundelegung eines Steuersimplums, Römermonat genannt. Die Höhe des
Römermonats ergab sich aus dem Monatssold, den die Reichsstände für ihre Truppenkontingente
aufzubringen gehabt hätten, wie sie die Wormser Matrikel von 1521 bestimmte.
Eine Sonderstellung nahmen die aus den Reichsministerialen hervorgegangenen Reichs-
ritter ein. Sie hatten in Schwaben, Franken und am Rhein, dank den Ritterbündnissen, ihre
Reichsfreiheit behauptet und von Ferdinand I. und Rudolf II. durch kaiserliche Privilegien
sicherstellen lassen. Die schwäbische Ritterschaft gab sich 1560 eine Ritterordnung, die fränkische
1590, die rheinische 1652. Alle drei Parteien der Reichsritterschaft traten 1577 in einen Gesamt-
bund ein. Dieser zerfiel in den schwäbischen, fränkischen und rheinischen Ritterkreis, jeder Kreis
in Kantone oder Orte. Jeder Kanton hatte einen Hauptmann, Ritterräte und einen Kantons-
ausschuß, die das Kantonsdirektorium bildeten. Abgeordnete aller drei Kreise kamen auf
Korrespondenztagen zusammen. Die Reichsritter genossen weder die Reichs= noch die Kreisstand-
schaft. Andererseits waren sie frei von Reichs= und Kreissteuern. Doch verhandelte der Kaiser
mit ihnen von Fall zu Fall über sogenannte subsidia caritativa. Die Reichsritter hatten das
Recht der Austräge; ihre Verbände übten das Recht der autonomen Satzung und der Besteuerung.
Die reichsritterschaftlichen Besitzungen waren seit 1590 im Falle der Veräußerung an einen
Fremden einem Retraktrechte der einzelnen Reichsritter und der ritterschaftlichen Verbände
unterworfen.
§ 71. Das Staatsrecht der Territorien. Die landesherrliche Gewalt verstärkte und er-
weiterte sich sowohl nach oben hin, im Verhältnis zu Kaiser und Reich, als auch nach unten hin
im Verhältnis zu den Untertanen, in welchem sie als eine vom Reiche abgeleitete Staatsgewalt
angesehen wurde.
Die Vorrechte, welche die Kurfürsten in der Goldenen Bulle für die Verwaltung der
Kurlande erworben hatten, wußten in der Hauptsache auch die übrigen größeren Landes-
herren zu erringen, das privilegium de non appellandeo allerdings oft nur als ein
privilegium limitatum, d. h. mit der Beschränkung auf Streitsachen, bei denen die
Streitsumme einen gewissen Betrag nicht überstieg. Der Westfälische Friede brachte der
Landeshoheit (ius territorü et superioritatis) die staatsrechtliche Anerkennung ihres hergebrachten
Inhaltes und stellte sie unter die Garantie Frankreichs und Schwedens. Den Landesherren
wurde damals das Recht zuerkannt, untereinander und mit auswärtigen Mächten Bündnisse
zu schließen, die aber nicht gegen Kaiser und Reich gerichtet sein sollten. Im Anschluß an das
Bündnisrecht erwarben die Landesherren das aktive und das passive Gesandtschaftsrecht. Der
tatsächlichen Unabhängigkeit der Territorien kam es wesentlich zu statten, daß deutsche Fürsten
auswärtige Kronen trugen, und daß auswärtige Mächte deutsche Reichsstände wurden.
Im Verhältnis zu den Untertanen wuchs die Macht der Landesherren, indem sie das
ius reformandi und das Kirchenregiment über ihre evangelischen Untertanen erwarben, indem
sie die Zahl der Regalien vermehrten, insbesondere ein Forst= und Jagdregal, hier und da auch
ein Fischerei= und Mühlenregal geltend machten, und indem sie ihr Besteuerungsrecht erweiterten.
Ohne Bewilligung der Landstände konnten sie die herkömmlichen Steuern, kraft Reichsrechtes
die Reichs= und Kreissteuern erheben. Der jüngste Reichsabschied verpflichtete die Untertanen,
außerdem für Landesfestungen und Besatzungen, ein kaiserliches Kommissionsdekret von 1670,
für die Gesandtschaftskosten zum Reichstage, zu Deputations= und Kreistagen Steuern zu zahlen.
Damit nicht zufrieden, suchten die Landesherren 1670 mit Hilfe des Reichstages ein unbeschränktes,
von der Bewilligung der Landstände unabhängiges ius collectandi durchzusetzen. Kaiser Leo-