Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

182 II. Geschichte und System des deutschen und römischen Rechts. 
sierende „Reformationen“. So die Wormser von 1499, die verneute Nürnberger von 1564, 
die Lüneburger von 1577—1583 (von Husanus), die Frankfurter von 1578 (von Fichard). 
Schonender gegen das deutsche Recht verhielt sich das (von Zasius verfaßte) Freiburger Stadt- 
recht von 1520. Einen rein deutschen Charakter bewahrte das revidierte Lübische Recht von 1586. 
Uberwiegend deutsch blieben die Hamburger Statuten von 1603. In überaus zahlreichen Städten 
wurden nur kleinere Statutarrechte über einzelne Materien (Familien= und Erbrecht, Bau- 
recht usw.) abgefaßt. In manchen Städten blieben mittelalterliche Stadtrechte in Kraft (so- 
bis zur Gegenwart Münchener von 1347, Bremer von 1433, mehrfach das ältere lübische Recht). 
Unter den Landrechtern dieser Zeit befinden sich solche, die nur einheimisches Ge- 
wohnheitsrecht aufzeichnen (z. B. Recht des alten Landes von 1517, Stedinger LR. von 1525, 
Hadeler von 1583, Wurstener von 1611, Butjadinger von 1664, auch der von M. Normann 
um die Mitte des 16. Jahrhunderts verfaßte Wendisch-Rügianische Landgebrauch). In vielen 
Territorien aber wurden umfassende Kodifikationen mit mehr oder minder starker Heranziehung des 
römischen Rechts vorgenommen. Unter den älteren Landrechten sind das Badische von 1511 (mit 
Unrecht Zasius zugeschrieben), das Ostfriesische von 1517, die Constitutio Joachimica für die Mark 
Brandenburg von 1527, die Tiroler LO. von 1532 (daraus Henneberger von 1539), die Ordnung 
und Reformation für Jülich und Berg von 1555, das Dithmarsische LR. von 1567 hervorzuheben. 
Sehr einflußreich wurde die Solmser Gerichts- und Landesordnung von 1571 (von Fichard). 
Den Charakter eines Landrechts hat auch die offizielle Sammlung der das gemeine Sachsen- 
recht fortbildenden Kursächsischen Konstitutionen von 1572 (dazu Dezisionen von 1661 und 
1746). In Württemberg ergingen die immer stärker romanisierenden Landrechte von 1555, 
1565 und 1610, deren drittes später im ganzen Königreich eingeführt wurde. Weitere Land- 
rechte sind das Kurpfälzer von 1582, Nassauische von 1616, Würzburger von 1618, Kurkölnische 
von 1663, Kurtriersche von 1668 (revidiert 1714), Hohenloher von 1737, Kurmainzer von 1755, 
Bamberger von 1769. Das Landrecht des Herzogtums Preußen von 1620 wurde 1684 revi- 
diert und 1721 in neuer Umarbeitung (von Cocceji) als Landrecht des Königsreichs Preußen 
verkündigt. In Bayern, wo im Jahre 1518 das Landrecht Kaiser Ludwigs von 1346 zur Re- 
formation des Bayrischen Landrechts umgestaltet und 1616 ein neues Landrecht verkündigt 
war, kam im Jahre 1756 der Codex Maximilianeus Bavaricus eivilis (von Kreittmayr) zu- 
stande, der den ganzen usus modernus aufnahm und schon den Ubergang zu den großen Gesetz- 
büchern bildet. 
b) Kodifikationen mit Ausschluß des gemeinen Rechts. Die schon 
seit dem 17. Jahrhundert hervortretenden Bestrebungen, das Corpus juris civilis durch ein 
volkstümliches Gesetzbuch zu ersetzen, führten zuerst in Preußen zu einem endgültigen Erfolge. 
Das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794, die älteste und zugleich großartigste moderne 
Kodifikation überhaupt, trat an Stelle des gemeinen Rechts. Dieses Gesetzbuch, das außer 
dem Privatrecht auch das gesamte materielle öffentliche Recht umfaßt, weist einen starken 
deutschrechtlichen Einschlag auf. Es wurde bei der Erweiterung der Monarchie nicht in alle 
neu erworbenen Landesteile eingeführt, so daß sein Geltungsgebiet nur die östlichen Provinzen 
außer Neuvorpommern und Rügen, ein Teil von Hannover (Ostfriesland), Westfalen und drei 
Kreise der Rheinprovinz (überdies außerhalb Preußens Ansbach-Bayreuth und Teile von Weimar) 
bilden. Den Provinzial- und Statutarrechten gegenüber nimmt es nur subsidiäre Geltung 
in Anspruch (das Ostpreußische Provinzialrecht wurde 1801 und 1802, das Westpreußische 1844 
kodifiziert). Das Preußische Landrecht ist auch in seinen privatrechtlichen Bestandteilen nicht 
völlig aufgehoben. — Weiter trat auch in Deutschland das französische Zivilgesetzbuch von 1804 
(Code civil), in dem das römische Recht mit dem germanischen Recht der Coutumes verschmolzen 
ist, an Stelle des gemeinen Rechts und blieb auf dem ganzen linken Rheinufer und im Herzog- 
tum Berg (Düsseldorf) bis zum 1. Januar 1900 in Geltung. Seitdem ist es (in Preußen mit 
Ausnahme einiger Artikel) außer Kraft gesetzt. — In Osterreich wurde das gemeine Recht end- 
gültig durch das noch heute geltende bürgerliche Gesetzbuch von 1811 beseitigt. Es weist eine 
Fülle germanistischer Züge auf, die ihm meist durch das Naturrecht übermittelt wurden. — 
Für Baden wurde eine Ubersetzung des Code eivil mit Zusätzen als Badisches Landrecht von 
1809 verkündigt (jetzt aufgehoben). — Endlich trat im Königreich Sachsen mit dem Jahre 
1865 ein bürgerliches Gesetzbuch in Kraft, von dem einige Artikel noch gelten.
	        
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