254 II. Geschichte und System des deutschen und römischen Rechts.
einen Teil des Waldes als „Abfindung", um den Rest von Serituten zu befreien. Erst in
neuester Zeit strebt man wieder die Erhaltung mancher sozial wichtiger Waldrechte an.
Literatur: Münter, Das Weiderecht, 2. Aufl. 1810. Pfeiffer, 3Z. f. d. R. XIII
165 ff. Scholz III, Das Schäfereirecht, 1837. K. Seelig, Die Ablösung der Weideberech--
tigungen auf fremden Grundstücken, 1851. Danckelmann, Die Ablösung der Waldserwituten,
2 Bde., 1879 u. 1889. Gierke, D.P.R. 5 146. Hübner §50. v. Schwerin S. 56 ff.
Abschnitt VII. Die Reallasten.
§ 76. Die Reallasten überhaupt. Reallast (Grundlast, onus reale) ist die Belastung
eines Grundstücks mit dem Recht auf Entrichtung wiederkehrender Leistungen aus dem Grund-
stücke.
Die Geschichte der Reallasten, die aus den wirtschaftlichen Abgaben und Diensten
der abhängigen Grundbesitzer hervorgingen, wurde durch verschiedene Entwicklungsmomente
bestimmt. Das erste war die mit der Verdinglichung der Herrschafts- und Gemeindeverhält-
nisse eintretende Umwandlung persönlicher Pflichten in Grundlasten. Das zweite war die
Verselbständigung solcher ursprünglich als Ausflüsse der herrschaftlichen und genossenschaft-
lichen Eigentumsordnung erscheinenden und lange noch mindestens mit einer Oberherrlichkeit
des Berechtigten verknüpften Grundlasten, die zuerst in den Städten (beim Rentenkauf) für
sich begründet, dann aber auch bei den älteren Verhältnissen begrifflich vom sonstigen Herr-
schaftsrecht geschieden wurden. Das dritte war die Entwicklung der Reallasten zu privatrecht-
lichen Eigentumsbeschränkungen und ihre Unterscheidung von den öffentlichen Grundlasten,
mit denen sie im Mittelalter zusammenflossen. Das vierte war die Beseitigung von Real-
lasten, wie sie schon im Mittelalter in den Städten und in neuerer Zeit auf dem Lande um der
Freiheit des Eigentums willen erfolgte. Zum Teil durch gesetzliche Aufhebung, überwiegend
durch Ablösung, wie sie die Ablösungsgesetze auf Grund einseitigen Antrages unter staatlicher
Vermittlung und Förderung durch Kreditanstalten (Rentenbanken) ermöglichten. Die Ab-
lösung wird durch Umwandlung, insbesondere „Fixation“ (bei unbestimmtem Inhalt) und
„Adäration“ (Uberführung in eine feste Geldrente), vorbereitet, zum Teil auch ersetzt. Die
Neubegründung unablöslicher und überhaupt gewisser Reallasten wurde vielfach verboten.
Keineswegs aber sind die Reallasten als Rechtsinstitut verschwunden. Das BE. läßt sie
allgemein zu, gestattet jedoch ihre landesgesetzliche Einschränkung.
Ihrem Wesen nach wurden die Reallasten im deutschen Rechte stets als dingliche Lasten
mit Schuldinhalt aufgefaßt; das durch sie begründete Recht galt als Herrschaftsrecht am Grund-
stück und erschien in einer Gewere; es verschaffte dem Berechtigten hinsichtlich eines Teiles
der Nutzungserträge des Grundstücks an Früchten oder Vieh, an Geldrente oder an zugehörigen
Arbeitskräften ein Bekommensollen und erforderlichenfalls ein Zugriffsrecht auf das Grund-
vermögen; in ihm war ein Stück der Bodenherrschaft als unkörperliche Sache, die zum liegen-
den Gut gerechnet wurde, verselbständigt. Nach der Rezeption wurden sie oft als „Servitutes
in faciendo“, von romanisierenden Juristen aber vielmehr als Forderungerechte (mit bloßer
Pfandhaftung der Sache, mit actio in rem scripta, mit unbestimmtem Schuldner, in sachen-
rechtlichem Kleide usw.), neuerdings auch als gemischte Rechte konstruiert. Doch ist über-
wiegend die Ansicht durchgedrungen, die in ihnen eine besondere Gattung der dinglichen Rechte
erblickt. Sie liegt den Gesetzen zugrunde und beherrscht die Vorschriften des BGB., nach
denen die Reallast als eine selbständige dingliche Schuld, die durch Sachhaftung gesichert ist,
aufgefaßt werden muß.
Begründet wird die Reallast, wie einst durch Auflassung, so heute durch Einigung
und Eintragung. Nur Ablösungsrenten können ohne Eintragung dingliche Kraft erlangen.
Ersitzung, wie sie früher anerkannt war, ist nicht mehr möglich.
Die Reallastberechtigung kann Realrecht oder Personalrecht sein; im letzteren
Falle ist sie entweder vererblich und übertragbar (nach Liegenschaftsrecht) oder höchstpersönlich
(z. B. Leibrente, Atenteil).
Die Reallastverpflichtung trifft durch das Mittel des Grundstücks den jeweiligen
Eigentümer (oder Untereigentümer). Die Last im ganzen folgt schlechthin dem Grundstück.
Aber auch die Verpflichtung zur einzelnen fälligen Leistung ist eine dingliche Schuld, die vom