2. O. v. Gierke, Grundzüge des deutschen Privatrechts. 271
fügigen Gegengabe abhängig machte, die als „Launegild“ den Schein der Entgeltlichkeit wahrte.
Als der Begriff der Unentgeltlichkeit der Schenkung durchdrang, blieb doch Schenkungsgrund
regelmäßig entweder Belohnung für geleisteten Dienst oder Erwartung der Vergeltung durch
künftigen Dienst. Im Zusammenhange hiermit gab die Schenkung im ältesten deutschen
Recht nur ein persönliches, im Zweifel unveräußerliches und unvererbliches, bei Untreue wider-
rufliches Eigentum. Später erhielt sich die Neigung zur Vermehrung der Widerrufsgründe.
Das BGB. ist im wesentlichen römisch. Die Schenkung ist heute Realvertrag (Handgeschenk)
oder Konsensualvertrag (Schenkungsversprechen); das Schenkungsversprechen bedarf gericht-
licher oder notarieller Form; der Formmangel wird aber durch Erfüllung geheilt.
II. Kauf und Tausch. Der Kauf war im älteren deutschen Recht der Normal-
typus des gegenseitigen Vertrages. Der Verkäufer war zur Gewährleistung wegen Mängel
im Recht verpflichtet, indem er die dem Käufer übertragene Gewere im Rechtsstreit verteidigen.
und für Entwerung einstehen mußte. Daraus entwickelte sich seine ins heutige Recht über-
gegangene Rechtsverschaffungspflicht. Die Gefahr ging auf den Käufer erst mit der Über-
gabe über. Hieran hielten gegenüber dem römischen Recht die Partikularrechte fest; so auch
das BGB. Dagegen haftete der Verkäufer für Mängel der Sache im allgemeinen nach der
Übergabe nicht („Augen auf, Kauf ist Kauf“); nur beim Viehkauf mußte er in gewissem Um-
fange für Gewährsmängel einstehen. Nach der Rezeption wurde das ädilizische Edikt auf-
genommen und liegt auch dem BGB. zugrunde. Jedoch erhielt sich das deutsche Recht viel-
fach beim Viehhandel, bei dem auch nach BGB. der Verkäufer nur für bestimmte Haupt-
mängel, wenn sie in der „Gewährfrist“ hervortreten und rechtzeitig angezeigt werden, einzu-
stehen hat und der Käufer nur die Wandlung, nicht die Minderung verlangen kann. — Der
Tausch wurde stets dem Kaufe gleich behandelt. Dies wurde modernes Recht.
III. Miete und Pacht unterscheiden sich nach deutschem Recht, je nachdem bloß
der Gebrauch oder auch Fruchtgenuß gegen Entgelt eingeräumt wird. Sie entwickelten sich
im Mittelalter aus der sachenrechtlichen Zeitleihe und bewahrten auch, als sie zu besonderen
gegenseitigen Schuldverträgen geworden waren, sachenrechtliche Wirkungskraft. Insbesondere
verschaffte die Miets- oder Pachtgewere diesen Verträgen eine auch den Sondernachfolger des
Vermieters oder Verpächters bindende Kraft. Der Satz „Kauf bricht nicht Miete“ erhielt sich
in Partikularrechten; das BG. hat für Grundstücke und Wohnräume, sobald der Besitz über-
lassen ist, den gesetzlichen Eintritt des Sondernachfolgers in die Rechte und Pflichten des Ver-
mieters oder Verpächters zu gemeinem Recht erhoben. Eine Reihe besonderer Rechtssätze
entwickelte das deutsche Recht namentlich für Wohnungsmiete, Landgüterpacht und Viehpacht.
Herwvorzuheben ist der Eisernviehvertrag, bei dem der Pächter die Gefahr einer gepachteten
Viehherde übernimmt („eisern Vieh stirbt nie“); er wurde auf das gesamte mitverpachtete
Gutsinventar übertragen.
IV. Leihe und Darlehen, in den Volksrechten zusammengefaßt, wurden später
unterschieden; doch trug auch bei der Leihe der Entleiher während seiner Gewere die Gefahr.
Beide Verträge waren Realverträge. Das verzinsliche Darlehen wurde trotz des kanonischen
Zinsverbots schon im Mittelalter (besonders in Form der öffentlichen Anleihe) üblich, später
partikularrechtlich und seit 1654 reichsrechtlich ausdrücklich gestattet. Doch wurde nunmehr
die Höhe der zulässigen Zinsen (reichsrechtlich auf 5 vom Hundert) beschränkt. Zuerst für
Kaufleute und dann allgemein (RGes. vom 14. Nov. 1867) wurden die Zinstaxen (außer für
gewerbliche Pfandleiher) aufgehoben; doch steht bei Zinsen über 6 vom Hundert dem Schuldner
ein unausschließbares Recht halbjähriger Kündigung zu. Die Vereinbarung von Zinseszins
ist regelmäßig unzulässig geblieben. Im übrigen greifen die Wuchergesetze ein; nach dem
BE#. FJ 138 ist jedes wucherische Geschäft, auch wenn es nicht strafbar ist, privatrechtlich nichtig.
V. Verwahrungsvertrag. Der Verwahrungsvertrag war im deutschen wie
im römischen Recht als Realvertrag ausgestaltet; die besonderen Typen des Depotgeschäfts,
des Lombardgeschäfts und des Lagergeschäfts gehören dem Handelsrecht an.
VI. Arbeitsverträge. Die Arbeitsverträge gewannen im deutschen Recht, weil
die Arbeit frei wurde, auch freie Arbeit aber als ihres Lohnes wert galt, eine völlig andere
Bedeutung als im römischen Recht.