2. O. v. Gierke, Grundzüge des deutschen Privatrechs. 273
dagegen wurde klagbar. Nach dem Vorgange anderer Gesetzbücher ist das BGB. zum deut-
schen Recht zurückgekehrt; die viel erörterte Grenzfrage zwischen Spiel und Wette ist damit
bedeutungslos geworden. Spiel ist auch das Differenzgeschäft (vgl. Handelsrecht). Spiel
ist ebenso der Lotterievertrag, Spiel verbunden mit Kauf der Ausspielvertrag; beide aber werden
durch staatliche Veranstaltung oder Genehmigung bindend und klagbar.
IX. Versicherungsverträge. Der Versicherungsvertrag, die entgeltliche Uber-
nahme des Ersatzes eines aus einem nach Eintritt oder Wirkung ungewissen Ereignisse drohen-
den Schadens, hat sich geschichtlich aus der zwiefachen Wurzel der satzungsmäßigen Gefahr-
vergemeinschaftung in germanischen Gilden und der spekulativen Gefahrübernahme gegen eine
Risikoprämie entwickelt und weist auch heute die beiden verschiedenen Grundtypen der Ver-
sicherung „auf Gegenseitigkeit“ und „gegen Prämie“ auf. Lange den Glücksverträgen zuge-
zählt, hat er sich allmählich die Anerkennung seines selbständigen rechtlichen Wesens errungen
und ist jetzt reichsgesetzlich geregelt. Als ein eigenes, vielverzweigtes Rechtsgebiet ist nunmehr
das Versicherungsrecht auch in dieser Enzyklopädie besonderer Darstellung überwiesen.
X. Leibrentenvertrag sst der Vertrag, durch den sich jemand zur Zahlung einer
wiederkehrenden Rente für die Lebenszeit des Empfängers oder eines anderen verpflichtet.
Das Versprechen bedarf nach dem BEG#B. der Schriftform. Schon seit dem Mittelalter ist
insbesondere der Leibrentenverkauf (Zusage einer Leibrente gegen Hingabe von Kapital) aus-
gebildet, der von Gesellschaften im großen nach Art der Versicherungsgeschäfte betrieben wird.
XI. Verlagsvertrag. Von dem seit Anerkennung des Urheberrechts entwickelten
Verlagsvertrag, der in seiner regelmäßigen Form Vertrag über eine vom Verleger zu be-
wirkende Arbeitsleistung in Verbindung mit der erforderlichen Abtretung von Urheberrecht
(Verlagsrecht) ist, aber mancherlei Abwandlungen erfahren kann, wird an anderer Stelle gehandelt.
XII. Gesellschaftsvertrag. Der Gesellschaftsvertrag ist im deutschen Rechte
wegen seines personenrechtlichen Gehalts und der hierdurch erwirkten Gemeinschaft zur ge-
samten Hand eigentümlich gestaltet; im Handelsrecht ist er auch äußerlich aus dem Obligationen-
recht ausgeschieden.
Literatur: Bal de Lievre, Launegild u. Wadia, 1877; Z. f. R.G. XVII 15 ff.
Pappenheim, Launegild u. Garethinx (Unters. H. 14), 1883. runner, Die Land-
schenbngen der Merowinger u. der A#güoinger 1885, Forsch. S. 1 ff. — Rabel, Die Haftung
des Verkäufers wegen Mangels im Recht, T. I, 1902. Fr. Conze, Kauf nach hanseatischen
Quellen, 1889. Sachsenhaufser, Die Lehre von der Nachwährschaft für verkaufte Haus-
tiere nach deutsch. R., 1857. Dieckerhoff, Gerichtliche Tierarzneikunde, 3. Aufl. 1902. —
v. Brünneck, Zur Geschichte der Miete und Pacht in den deutsch. u. german. Rechten des
Mittelalters, Z. f. R.G. XIV 138 ff. Drechsler, Der landwirtschaftliche Pachtvertrag, 1871.
Huck, Die Viehverstellung, Z. f. R.G. V 226 ff. — M. Neumann, Geschichte des Wuchers
in Deutschland, 1865. Funk, Geschichte des kirchlichen Zinsverbots, 1876. — G. Hertz, Die
Rechtsverhältnisse des freien Gesindes nach den Rechtsquellen des Mittelalters (Unters. H. 6),
1879. Hedemann, Die Fürsorge des Gutsherrn für sein Gesinde (in Festgabe f. Dahn), 1905.
Lennhof, Das ländliche Gesindewesen in der Kurmark Brandenburg vom 16. bis 19. Jahrh.
(Unters. H. 79), 1906. Könnecke, Rechtsgeschichte des Gesindes in West= und Süd-
deutschland, 1912. Rothenbücher, Geschichte des Werkvertrages nach deutsch. R.
(Unters. H. 87), 1906. W. Endemann, Die Behandlung der Krbeit im Privatr., 1906.
Lotmar, Der Arbeitsvertrag nach dem Privatr. des Deutsch. Reichs, 2 Bde., 1902 u. 1908.—
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IX. — Wilda, Z. f. D. R. II 133 ff. (Spiel), VIII 200 ff. (Wette). Bruck, Über Spiel und
Wette, 1868. Schuster, Das Spiel, seine Entwicklung u. Bedeutung im deutsch. R., 1878.
Bender, Die Lotterie, 2. Aufl. 1841. F. Endemann, Beitr. zur Geschichte der Lotterie
u. zum heutigen Lotterierecht, 1882. Grolmann, Entwicklung der rechtlichen Natur des Aus-
spielgeschäfts, 1817. Lange, Die Rechtstheorie des Ausspielgeschäfts, 1818. — L. Rückert,
Der Leibrentenvertrag, 1857. — Hübner K 82—88. v. Schwerin S. 77 ff.
Kapitel III. Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen.
§ 95. Verantwortlichkeit für rechtswidriges Handeln überhaupt. Nach älterem deut-
schen Recht war, wer rechtswidrig handelte, für den dadurch verursachten Schaden verant-
wortlich. Dies galt auch im Falle einer rechtswidrigen Unterlassung (Sachsensp. II a. 38).
Verschulden war nur zur Strafbarkeit erforderlich. Doch wurde in manchen Fällen auch die
Encyklopädie der Rechiswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band I. 18