2. O. v. Gierke, Grundzüge des deutschen Privatrechts. 283
erbter Ehe, dann aber nicht selten in Verbindung mit Leibzuchtsrecht des Überlebenden an
den Anteilen der Kinder. 2. Nach dem Konsolidationssystem gehört der Anteil
des Verstorbenen nicht zu dessen Nachlaß, ist daher auch einseitiger Verfügung von Todes wegen
entzogen. Vielmehr tritt entweder Anwachsung an den überlebenden („längst Leib, längst
Gut“, „der Letzte macht die Tür zu“) oder Fortsetzung der Gemeinschaft ein. Ersteres besonders
bei unbeerbter Ehe. Nach fränkischem Recht aber fällt auch bei beerbter Ehe dem Uberleben-
den das Alleineigentum an, jedoch beschränkt durch das „Verfangenschaftsrecht“, kraft dessen
die Liegenschaften den Kindern verfangen und nur mit ihrer Zustimmung veräußerlich sind,
oder durch das spätere „Teilrecht“, das den Kindern feste anwartschaftliche Anteile sichert.
Nach anderen Rechten rücken die Kinder in die Gemeinschaft ein, die nun als fortgesetzte
Gütergemeinschaft weiter besteht (unten § 111). In dieser Gestalt gilt das Konsolidations-
system bei beerbter Ehe nach dem BG.
Literatur: Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Gütergemeinschaft, 1799.
Hasse, Revision der Theorie der ehel. G. G., 1808. Phillips, Die Lehre von der ehel. G.G.,
1830. Runde, Das ehel. Güterrecht, 1841. Sandhaas, Das fränkische ehel. Güterrecht,
1866. Euler, Zeitschr. f. d. R. X 1 f. Welter, Handb. über das ehel. Güterrecht in West-
falen, 1861. Peterssen, Das ehel. Güterrecht in Osnabrück, 1863. Hänel, Die ehel. G. G.
in Ostfalen, Z. f. R.G. 1 273 ff.
§s 105. Die Errungenschaftsgemeinschaft. Die Errungenschaftsgemeinschaft ist ein
Güterstand, bei dem nur das während der Ehe durch Arbeit oder Vermögensnutzung erworbene
Vermögen (selten auch der Erwerb von Todes wegen oder aus Schenkung) Gesamtgut wird.
Bei den Rheinfranken und den Westfalen schon in den Volksrechten (lex Rib. 37, 2, lex
Sax. 9) bezeugt, erhielt sich die Errungenschaftsgemeinschaft in fränkischen, hessischen und alt-
westfälischen Rechten, kommt mehrfach auch in friesischen Rechten vor, wurde nach der Re-
zeption in Württemberg und anderen Ländern eingeführt und ist im BGB. als vertrags-
mäßiger Güterstand geregelt. Die Rechtsverhältnisse hinsichtlich des Gesamtguts richten sich
nach gleichen Regeln wie bei der allgemeinen Gütergemeinschaft; bei der Beendigung gilt
regelmäßig das Teilungsprinzip (nach Hälften, jedoch in manchen rheinfränkischen Rechten,
wie schon in der lerx Rib., nach Schwert- und Kunkelteil von zwei Drittel und ein Drittel).
Neben dem Gesamtgut aber gibt es Sondergut des Mannes wie der Frau; am Sondergut der
Frau hat der Mann gleiche Rechte wie bei der Verwaltungsgemeinschaft, nur fließen die Ein-
künfte in das Gesamtgut. Außerdem kann Vorbehaltsgut der Frau begründet werden. Die
Schuldenverhältnisse sind verwickelt; Gesamtgutsverbindlichkeiten sind hier nicht nur die Ge-
meinschaftsschulden, sondern auch die Sonderschulden des Mannes und gewisse Sonderschulden
der Frau; im Verhältnis der Ehegatten zueinander aber entstehen Ersatz= und Ausgleichungs-
ansprüche, die sich als objektive Schuldverhältnisse zwischen den verschiedenen Massen darstellen.
1858 Literatur: Euler, 3Z. f. d. R. X 28ff. J. Held, Die partikuläre Gütergemeinschaft,
§ 106. Die Fahrnisgemeinschaft. Die Fahrnisgemeinschaft ist aus der Erweiterung
der Errungenschaftsgemeinschaft auf alles bewegliche Vermögen hervorgegangen; in frän-
kischen, aber auch nordischen Rechten (z. B. im Jüt. Low.) ausgebildet, ist sie vor allem vom
Code civil und vom Badischen Landrecht als gesetzlicher Güterstand eingeführt. Im BG#.
ist sie als vertragsmäßiger Güterstand geregelt. Gesamtgut ist hier die Errungenschaft und
alles bewegliche Vermögen. Sondergut eines Ehegatten sind daher nur eingebrachte und
während der Ehe von Todes wegen oder durch Schenkung erworbene Grundstücke und zum
unbeweglichen Vermögen gerechnete Rechte. Daneben kann auch hier Vorbehaltsgut der Frau
begründet werden. Für das Gesamtgut gelten die Regeln der allgemeinen Gütergemeinschaft:
doch tritt fortgesetzte Gütergemeinschaft nur kraft besonderer Vereinbarung ein. Hinsichtlich
der Schuldenverhältnisse und der Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Vermögens-
massen ergeben sich ähnliche Verwicklungen wie bei der Errungenschaftsgemeinschaft.
Literatur: Schneider: Die eheliche Gütergemeinschaft nach französ. R., 1853.
§ 107. Die Gütertrennung. Die Gütertrennung wurde bei uns erst nach der Rezeption
in Gestalt des römischen Dotalsystems heimisch, das in einzelnen Gegenden (Herzogtum West-