284 II. Geschichte und System des deutschen und römischen Rechts
salen, Teilen von Hannover, Braunschweig, Waldeck) allgemein, in anderen (z. B. Lippe) für
den Adel oder (wie in Mecklenburg, Neuvorpommern, Kurhessen) für Adel und Beamte als
gesetzliches Güterrecht durchdrang, meist aber starke deutschrechtliche Abwandlungen erfuhr.
Eine der Verwaltungsgemeinschaft angenäherte Gütertrennung gilt in Osterreich. Nach dem
BGB. tritt Gütertrennung von Rechts wegen im Falle der Heirat einer beschränkt geschäfts-
fähigen Frau ohne Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters und infolge Aufhebung einer Ver-
waltungs- oder Gütergemeinschaft ein und bildet im übrigen einen vertragsmäßigen Güter-
stand. Das Wesen der Gütertrennung besteht darin, daß die Ehe grundsätzlich auf das Ver-
mögen nicht einwirkt. Doch schuldet die Frau zu dem ehelichen Aufwande, den an sich der
Mann zu tragen hat, einen angemessenen Beitrag aus ihrem Vermögen oder Arbeitserwerbe;
gewährt sie mehr, so wird vermutet, daß sie Ersatz nicht begehrt. Und wenn die Frau dem Manne
die Verwaltung ihres Vermögens freiwillig überläßt, wird vermutet, daß der Mann freie Ver-
waltung ohne Rechenschaftspflicht über die Verwendung der Einkünfte haben soll.
§* 108. Besondere Güterarten. Im deutschen Recht finden sich bei verschiedenen Güter-
rechtssystemen besondere Güterarten, die kraft Eherechts eigenartige Rechtsschicksale haben.
Dahin gehören: 1. Die Aussteuer (Brautschatz, Brautwagen, Heimsteuer, Mitgift), d. h.
die nach alter Sitte von der Frau für ihren persönlichen Gebrauch und für Einrichtung des
Hauswesens mitgebrachte Fahrnis. Sie ist eingebrachtes Frauengut; als ihr Aquivalent er-
scheint die Gerade loben § 102). 2. Die Morgengabe (donum matutinum, bisweilen
dos), d. h. ein nach alter Sitte vom Manne der Frau am Morgen nach der Hochzeitsnacht
gemachtes (frühzeitig als Gabe für die geopferte jungfräuliche Ehre aufgefaßtes und darum
der heiratenden Witwe versagtes) Geschenk. Die Morgengabe wird entweder gegeben oder
versprochen; in manchen Quellen ist ihr Höchstmaß festgesetzt. Meist geht sie auf die Erben der
vorversterbenden Frau über; oft aber nur bei beerbter Ehe. Dagegen steht der im Adelsrecht
oft ausgebildete gesetzliche Anspruch auf Morgengabe nur der Witwe zu. 3. Das Wittum
(dos), d. h. die aus dem alten Muntschatz (oben § 100) hervorgegangene Vergabung des
Mannes an die Frau. Das Wittum wurde entweder als Eigentum (ursal) oder als Leib-
gedinge (Leibzucht an einem Grundstück oder lebenslängliche Rente) bestellt; die Bestellung
erfolgte bei der Eheschließung, das Recht der Frau ruhte aber während der Ehe; durch Wieder-
verheiratung büßte die Witwe ihr Leibgedinge nicht ein. Nach der Rezeption erhielt sich als
Wittum i. e. S. (vidualitium) eine der Frau für den Fall der Witwenschaft zugewandte
Versorgung in Gestalt eines Leibgedinges (Witwensitzes), eines Nießbrauches, einer Natural-
oder Geldrente, später auch des Einkaufes in die Witwenkasse; zum Teil entwickelte sich ein
Rechtsanspruch auf Wittum; meist aber erlosch nun das Wittum durch Verrückung des Witwen-
stuhls. Daneben entstand schon im Mittelalter aus einer Umbildung des Wittums die
Widerlage (Gegenvermächtnis, contrados), eine vom Manne in Höhe des eingebrachten
Heiratsgutes zugesicherte Gegengabe, die mit dem Heiratsgut an die Witwe fällt, während
dafür der Mann im Falle des früheren Todes der Frau das Heiratsgut behält; auch findet sich
ein gesetzlicher Anspruch der adligen Witwe auf „Besserung des Brautschatzes“ um die Hälfte.
Endlich ging aus der Vermischung des alten Leibgedinges mit der Widerlage das sächsische
Leibgedinge dlcotalitium) hervor, kraft dessen die adlige Witwe zwischen Herausgabe
des Heiratsgutes nebst Widerlage und einer zehnprozentigen Rente des Gesamtbetrages wählen
kann; wählt sie die Rente, so verliert sie das Kapital („Leibgut schwindet Hauptgut"), so daß
„reiche Witwen arme Kinder machen“. 4. Hochzeitsgeschenke gehören im Zweifel
den Ehegatten gemeinsam; wechselseitige (Malschatz) sind im Falle der Scheidung zurückzugeben.
5. Nadelgelder (Trüffel--, Spielgelder) sind eine vom Manne der Frau zu völlig freier
Verwendung ausgesetzte Rente; sie sind namentlich im hohen Adel üblich.
Kapitel III. Eltern- und Kinderrecht.
§ 109. Personenrechtliche Verhältnisse. Das Eltern- und Kindesverhältnis wird durch
eheliche Geburt in rechter Ehe begründet. Seit dem 13. Jahrhundert drang allmählich die
Gleichstellung der „Mantelkinder“ (durch nachfolgende Ehe legitimierten unehelichen Kinder)
mit den ehelichen Kindern im Landrecht und meist auch im Lehnrecht durch; nur dem Rechte