Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

418 Ernst Rabel. 
Güterrecht zugrunde. Deshalb wird sein Vermögen durch die Mitgift ergänzt. Sonst herrscht 
Gütertrennung. 
Als Wirkungen der Ehe kann man noch ansehen, daß der Mann gegen die Frau nicht 
wegen Diebstahls:, sondern nur mit der prätorischen Klage „wegen beseitigter Sachen"“ vor- 
gehen darf (D. 25, 2; C. 5, 21); ferner daß er seit Ant. Pius gegenüber allen Klagen der Frau 
die Rechtswohltat des Notbedarfs hat?; das prätorische Erbrecht nach der allerletzten Intestat- 
klasse; die Unzulässigkeit der Schenkungen zwischen Ehegatten. 
§ 14. Die Auflösung der Ehe sine mann geschieht nicht bloß durch Tod oder endgültigen 
Verlust von Freiheit oder Bürgerrecht, sondern auch durch jede tatsächliche Zerstörung des Ehe- 
lebens — nicht aber schon des geschlechtlichen. So durch Kriegsgefangenschaft; die Wieder- 
kehr kann nur eine neue Ehe begründen (Pomp. D. 49, 15, 14, 1; Tryph. ebd. 12, 4). So 
besonders — das am übelsten bekannte Stück des römischen Eherechts — durch die jedem Ehe- 
teil beliebig freistehende Scheidung. Nur bedarf der einseitige Scheidebrief (repucüum) nach 
dem Augusteischen Ehebruchsgesetz einer Beweisförmlichkeit und schreiten gegen einen Schuld- 
haften der Zensor mit seiner Nota und das Privatrecht mit Vermögensfolgen ein. Man 
erlaubt den Ehegatten nicht einmal, sich mit Scheidungsstrafen zu schützen (Alex. C. 8, 38, 2). 
In Agypten verschwinden daher diese Abmachungen während der Römerzeit aus den Ehever- 
trägen. Auch die Schenkung für den Fall der Scheidung ist nichtig (Paul. D. 24, 1, 12). 
An diesen Grundlagen haben selbst die den zweiten Ehen sehr abholden christlichen Kaiser merk- 
würdig wenig verändert. 
Der Mann darf sich stets ohne weiteres wieder verheiraten, die Witwe von altersher erst 
nach einer Trauerfrist von zehn Monaten, nach dem prätorischen Album bei sonstiger Infamie 
(Vat. 320; D. 3, 2); die Juristen wissen dies nur noch mit der Befürchtung einer „Blutmischung“ 
zu erklären, nicht stichhaltig, da im Fall der Scheidung nicht das gleiche gilt, vielmehr die 
Möglichkeit der Schwangerschaft nur betont wird, um das Verhältnis des ersten Mannes zum 
nachher geborenen Kinde zu bestimmen. 
* 15. Ehelichkeit. Noch unter Diokletian ist die sachlich schon angenommene moderne 
Auffassung, daß das Kind durch die Geburt der Familie angehöre, in die Form gekleidet, daß 
der Vater es nicht willkürlich ablehnen dürfe (C. 8, 46, 9). Um so mehr beschäftigt diese Frage- 
stellung die Juristen, indem sie auch hier seit dem 2. Jahrhundert die Absolutheit der Haus- 
gewalt bekämpfen. Aus dem ursprünglichen Prinzip, der Hausvorstand dürfe das ihm dar- 
gebrachte neugeborene Kind aufnehmen (liberum tollere, suscipere) oder verwerfen (negare, 
repudiare), aus den SCC. de partu agnoscendo, die mit einem verwickelten Verfahren die 
behauptete Schwangerschaft geschiedener Frauen sicherstellen wollten, und aus dem Julianischen 
Edikt, das u. a. eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft gegen den Vater zuließ, ergab sich 
nach, wie es scheint, harter Arbeit s folgender Rechtszustand: Die eheliche Vaterschaft wird 
durch das praeiucicium (Lenel, Ed. § 117) ausgemacht. Handelt die geschiedene Mutter 
dem ihr durch die Senatskonsulte auferlegten Anzeige- und Aufsichtsverfahren zuwider, so 
schadet dies weder der Familienstellung noch — gemäß einem Reskript des Pius — dem 
Unterhaltsanspruch des Kindes. Unterläßt der Gewalthaber im Verfahren die Ablehnung des 
Kindes oder die Kontrollmaßregeln, so muß er nur jedenfalls es alimentieren (Ulp. D. 25, 3, 
1, 15). Er seinerseits kann gegen seine geschiedene Frau, von der er gegen ihre Behauptung 
ein Kind erwartet, die Aufsicht verhängen lassen (D. 25, 4, 1 pr.). Ist der Mann gestorben, 
so ordnet der Prätor ein jenen 8CC. nachgebildetes Verfahren zur Beaufsichtigung der Geburt 
eines Posthumus an und macht davon in schonender Weise die Zulassung des Kindes zur 
Erbschaft abhängig "; von einer Entscheidungsfreiheit der Agnaten ist dabei keine Rede. Die 
  
1 * Paul. D. 25, 2, 1. Mit Costa, Storia 25 u. a. kann man es aber nicht als bewiesen 
ansehen, daß die entsprechende Ausdehnung auf den Diebstahl des Mannes erst justinianisch sei 
(Zanzucchi, Riv. ital. 42, 1, Fadda 297). 
Cui eoo. 42, 1, 20. Hier ist das Gegenstück zugunsten der Frau klar interpoliert, wie schon 
uiac. sah. 
* Declareuil, Mélanges Girard 1, 315. 
* D. 25, 4, 1, 10 ff. Anwendung in Agypten: P. Arch Pap F. 3, 368, col. II 1—9.
	        
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