426 Ernst Rabel.
Dies gilt nicht von der minderjährigen Frau, die keinen Vormund hat. Ihr Kurator
hat die Administration (Paul. D. 23, 2, 20; Vat. 201 u. ö.) mit Ausschluß der Frau (Gord.
C. 5, 37, 12), und für ihn gilt das meiste wie von den sonstigen verwaltenden Kuratoren.
2. Die alte potestas des Kurators am Vermögen eines Geisteskranken (kuriosus)
oder erklärten Verschwenders (procgus) ist im Prinzipat schon Schutzgewalt. Der furiosus ½
ist zu jedem Erwerb fähig, der keiner Rechtshandlung bedarf (Gai. 3, 106), also zu Erbfolge
und Vermächtniserwerb, sofern sie ohne Antrittserklärung erfolgen. Natürlich fehlt ihm ent-
sprechend alle Deliktsfähigkeit (Ulp. D. 9, 2, 5, 2). Ob dem (uriosus“ stets der „sonstige
demens“ gleichgestellt:, der Schwachsinnige (stultus, fatuus) gegenübergestellt wird, ferner ob
der Kurator auch für die Person des Pfleglings zu sorgen hat s, scheint unsicher, nicht aber (val.
Just. C. 5, 70, 6), daß die Kuratel mit der Handlungsfähigkeit in lichten Augenblicken nach einer,
freilich bestrittenen Meinung aufhört, eine seltsame Konsequenz aus der von der neuesten
Psychiatrie bestätigten und privatrechtlich entscheidenden Beobachtung des zeitweiligen Ab-
schwellens gewisser Geisteskrankheiten.
Wegen Verschwendung wird nicht mehr bloß der Vergeuder des gesetzlich ererbten
Vaterguts (12 Tafeln) entmündigt; statt der eigennützigen Anwartschaft der Agnaten und Gen-
tilen wird das eigene Interesse des Verschwenders betont, auch gelegentlich der Rechtsmiß-
brauch, den er begeht (Gai. 1, 53). Ulp. 12, 3 tut freilich immer noch nur den Schritt vom
gesetzlich zum testamentarisch überkommenen väterlichen Vermögen; über sonstige Verschwen-
dung wissen wir nicht Genügendes. In Rom erläßt gegen Römer der Stadtprätor ein
Dekret 5, das kundgemacht wird. Die alte Formel untersagt dem prodigus den Vermögens-
verkehr, wozu als Manzipation auch die Testamentserrichtung gehört (Ulp. 20, 13); die Junisten
scheinen lukrative Erwerbsakte auszunehmen wie beim Pupillen (Ulp. D. 45, 1, 6) und ge-
statten sogar Erbschaftserwerb einschließlich der cretio (Ulp. D. 29, 2, 5, 1).
B. Juristische Personen.
§ 24. Körperschaft. Das ganze Altertum ist überreich an Vereinigungen von Menschen
zu Gemeinschaftszwecken, angefangen von den religiösen und Stammesgruppen und von dem
in der griechisch-römischen Antike wohlausgebildeten Staate bis zu den kleinsten gesellschaftlichen
Verbindungen. Aber selbst die römischen Juristen haben keine eigentliche Theorie der Rechts-
i Audibert, Nouv. rev. 14, 521. 846; Etudes sur Phistoire du droit romain 1 (1892)
(von den meisten abgelehnt); H. Krüger, 3ZSavt. 14, 260; Costa, Cicerone giureconsulto
60 ff.; Wlassak, ZSavöt. 31, 262 (zum erbrechtlichen Erwerb); Wedeme yer (und Jahr-
märker), Zur Praxis der Entmündigung (1908) 21 (über Geistesschwäche); Solazzi, La minore
età 137—9 (über den minor fkuriosus).
Vermutlich unterscheidet erst der späte Sprachgebrauch (D. 5, 2, 2 interp.; Eisele,
Z Sav St. 15, 261, anders v. Woeß, Röm. Erbrecht 193; Ulp. oder Trib. 7 D. 27, 10, 6; 47,
10, 17, 11) den demens vom furiosus.
* Das sagt Jul. D. 27, 10, 7 pr.; aber das passivische tueri, wenngleich durch die Wörter-
bücher einige Male belegt, steht doch bei Gai. D. 7, 1, 56 a. E. (und danach D. 33, 2, 8) und
Pap. D. 28, 3, 17 (ef. Frag. Berol.) in anerkannt interpolierten Sätzen.
(Mitteis, Ber. Verh. sächs. Ges. 62 (1910) 264 über D. 27, 10, 1 pr. interp.; I. Pfaff,
Zur Geschichte der Prodigalitätserklärung (1911); H. Krüger, Grünhuts Z. 39, 344.
* Wohl auch zur Beendigung: Girard, Manuel 227. Über den Wortlaut der Entmündi-
gung (Paul. 8. 3, 4 a, 7) Collinet, Nouv. rev. 1911, 73. Zur Kundmachung und dem Aus-
hang, mit dem im ägypt. Pap. Flor. 99 die Eltern eines Verschwenders warnen, ihm zu kredi-
tieren Weiß, ZSavt. 33, 488.
Grundlegend neuerdings Mitteis, PR. 5.18; wichtig für die „privaten“ Vereine Ugo
Coli, Collegia e sodalitates (Sem. giur. della R. Univ. Bologna 1) 1913. — Mommsen,
De collegiis et sodaliciis 1843; ZSa St. 15, 345 = Jur. Schr. 3, 108; Z Sav St. 25, 33 —
Jur. Schr. 3, 53; Cohn, Zum röm. Vereinswesen 1873; Liebenam, Zur Gesch. u. Orga-
nisation des röm. Vereinswesens 1890; Waltzing in Mémoires couronnés publiés par Patcad.
de Belgique 50, 2 (1895/96); Kornemann in Realenz., collegium. Über das Edikt wegen
der Prozeßvertretung Lenel, Ed. s## 31—34; Ramadier, Etudes Girard 1, 259. —
Hölder, Natürliche und juristische Personen 1905. Binder, Das Problem der juristischen
Persönlichkeit 1907. — Ziebar 4 „ Das griechische Vereinswesen 1896; Poland, Geschichte
des griechischen Vereinswesens 1909; San Nicolo, Ac#ptisches Vereinswesen zur Zeit der
Ptolemäer und Römer 1 (Die einzelnen Bereine) 1913. Bgl. Pap. Jandanse (1914) S. 156.