Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

Grundzüge des römischen Privatrechts. 49 
verleiht sich diese sicherlich nach wie vor der Verein selbst, indem er gemäß der Satzung (Gai. 
D. 3, 4, 1) juristische Person sein will, d. h. einfach ein Vereinsvermögen (res communes, 
arca communis) „nach Analogie der Gemeinde“ (Gai. D. 3, 4, 1) hat. In alledem hat sich 
in der Kaiserzeit nichts verändert; nur erlangen unter Marcus die Kollegien das Recht zur 
Sklavenfreilassung (D. 40, 3, 1), das bisher feylte, weil es zivile Freilassung durch Stellver- 
treter nicht gab; und die Fähigkeit, Vermächtnisse zu erwerben (D. 34, 5, 20), trotzdem sie nicht 
certae personae sind. Die Erbfähigkeit bleibt ihnen dauernd vorenthalten (Diokl. C. 6, 24, 8). 
Alles das aber gehört nicht zum normalen Leben der Korporation und darf daher auf positive 
Gewährung warten. Auch die Städte haben ihre Legatsfähigkeit erst seit Nerva und Hadrian. 
26. Stiftungen als juristische Personen sind der Antike fremd. Wohl entspricht dem 
antiken Sinn die Fürsorge für gemeinnützige Bestrebungen in hohem Maße;: einst für sakrale 
Zwecke, in der Kaiserzeit vor allem für Verteilungen, Gelage und öffentliche Bauten, im Osten 
auch für viele Wettspiele werden große Summen ausgesetzt. Aber der Versuch, die Zweck- 
widmung dauerhaft zu gestalten, kleidet sich in andere Formen. Man übereignet das Stiftungs- 
gut an einen Tempel, eine Stadt, einen religiösen oder weltlichen, oft erst zu gründenden Verein 
unter Auflage; wenn ein Erblasser an seine Freigelassenen ein Grundstück vermacht, das sie 
nicht an Fremde veräußern dürfen, sowie wenn das Haupt einer griechischen Philosophenschule 
das Schulgut von Todes wegen an einen Lieblingsschüler hinterläßt, der seinerseits für die gleiche 
Erhaltung sorgen soll, u. dgl. m., so sind dies fiduziarische Ubereignungen gleich dem nach- 
maligen englischen Trust, ehe er aus sich die Stiftung entwickelt hat. Die römischen Juristen 
verlangen aber natürlich die Einhaltung der römischen Vergabungsformen; und die Inschriften 
zeigen auch, daß man die erst langsam teilweise beseitigten Schranken der Legate und Fidei- 
kommisse an Körperschaften zu berücksichtigen hatte. Eine besondere römische Schöpfung sind 
die Alimentarstiftungen der Kaiser besonders von Nerva, Trajan und Hadrian, aber auch 
anderer bis mindestens Alexander Severus; der Kaiser läßt durch seine Beamten Gelder ver- 
walten und die Einkünfte an Landstädte überweisen, die daraus Gaben für Kinderernährung 
und Erziehung verteilen; die Verwaltung versieht einen weiteren sozialen Zweck, indem sie die 
Gelder zu billigem Zinsfuß an bedürftige Landwirte auf Hypotheken ausleiht, manche meinen 
sogar: unkündbar. Eine auszeichnende Eigenschaft der römischen Verwaltung ist die strengere 
Staatsaufsicht über die Stiftungen. 
II. Sachenrecht. 
§ 27. Sachen. „Res“ als Gegenstand von Rechten deckt sich in der Hauptbedeutung 
mit der „körperlichen Sache“, der „Sache“ schlechtweg des BGB. Doch mischen die Römer 
unbefangen auch die Rechte selbst unter die res. 
Die römischen Einteilungen der Sachen sind meistens eigentlich gedacht als Einteilungen 
der Rechtssätze über Sachen. Sie drängten sich zum Teil von selbst auf, wie die in res mancipi, 
der Manzipation fähige Gegenstände, und res nec mancipi; jenes sind von alters her das 
römische, jetzt das italische Grundstück, die ländlichen Grundgerechtigkeiten, Sklaven und die 
italischen Zug- und Reittiere. Zumeist sind die theoretischen Zusammenfassungen durch die 
Popularphilosophie beeinflußt; so die res communes omnium, das sind die freien Güter, 
5, 20; corpo#i cui licet coire), so folgt aus der Gaiusstelle nicht eine Zweiheit von Autorisationen. 
Auch paßt, was von K. Marcus berichtet wird, nur zu einer Erweiterung der Rechtsfähigkeit 
der erlaubten Vereine, nicht zu einer erstmaligen allgemeinen Gewährung, die Mitteis anzunehmen 
genötigt ist. Gegen Mitteis' Argumentationen wendet sich im übrigen das im Text Folgende. 
1 Pernice, Labeo 3, 56. 150; Brinz, Pand. " 3, 545; Mitteis, PR. 1, 414; Sar- 
razin, Etude sur les fondations dans Tantiquité, en particulier A Rome et A Byzance, These 
Paris 1909. Ziebarth, Die Stiftung nach tricchischem Recht, Zogl R Wiss. 16, 249; 19, 298; 
Koh . er, ebd. 17, 225; Laum, Stiftungen in der griechischen und römischen Antite, 2 Bde. 1914. 
Inschr.: Brun 3, Fontes! 346; Lit. bei Kubitschek in Realenz., alimentarü pueri 
et puellse: dazu Pern ie e, Labeo 3 164. 
2 Göppert, Über einheitliche, zusammengesetzte und Gesamtsachen, 1871. Soko- 
loweski, Die Philosophie im Privatrecht 1 (1902). Die sachliche Selbständigkeit der römischen 
Rechtsregeln betont g r Göppert zu schwach Brinz, Pand. 1 & 144, um 0“ mehr gegen die 
Abwege Sokolowskis Rabel, F. I. wiss. Philos. 1904 (Apri.). 
  
 
	        
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