Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

Grundzüge des römischen Privatrechts. 473 
dort ganz gelegentlich die Affektionsinteressen Rücksicht finden könnten 1. Das macht jedoch für 
das grundlegende Prinzip wenig aus, das denn in der heutigen Zeit das entgegengesetzte sein 
sollte. 
Worin sich aber der Grundsatz hauptsächlich äußert, das sind nicht die lleinen Abmachungen 
über den gesellschaftlichen Verkehr von Nachbarn u. dgl., woran die alten Juristen nicht denken, 
das ist auch nicht der Ausschluß der Verträge auf Leistung an Dritte, der viel tiefer in dem Wesen 
der alten Obligation verankert ist, sondern anderes, z. B.: 1. Das unmittelbare Eigeninteresse 
des Gläubigers kann nachträglich verlorengehen. Z. B. der Käufer einer Sache übereignet sie 
oder auch verkauft sie bloß weiter. Dann behält er die Stipulationsklage wegen einer Enviktion, 
die die Sache noch bei ihm selbst trifft, nur wenn er seinerseits dem Nachmann wegen der Un- 
möglichkeit der Tradition haftet (Ulp. D. 21, 2, 33); wegen einer Eviktion, die dem Nachmann 
begegnet, insofern er das mangelnde habere licere desselben zu vertreten hat (Paul. D. 21, 2, 
41 pr.) — also hat die Klage z. B. nicht, wer weitewerschenkt hat. Nur zögernd wird es als genügend 
angesehen, daß der Käufer an dem zur Dotierung seiner Tochter weitergegebenen Grundstück 
als einer dos recepticia interessiert ist 2. Desgleichen kommt es auf das Haftungsinteresse 
eines Vertragsgläubigers an, der im eigenen Namen, aber im Interesse eines Dritten, z. B. 
als Mandatar, kontrahiert hat und nun wegen Vertragsbruchs klagen will 53.. Er kann dies, 
insofern er dem Dritten haftet, wie Ulp. D. 45, 1, 38, 20 u. 23, für die Stipulation, im übrigen 
Jov. D. 3, 5, 27; Ulp. D. 17, 1, 8, 3 lehren". Daß er die hiernach begründete Forderung auf den 
Dritten übertragen darf, folgt aus der Stellung des römischen Zessionars als Mandatars von 
selbst, ohne daß an die Abtretung einer beim Zedenten inhaltsleeren Aktio zu denken wäre, die 
erst der Zessionar mit seinem Interesse anfüllen würde. Der letztere klagt das mittelbare Interesse 
seines Mittelsmannes ein, das zugleich sein eigenes unmittelbares ist. 
8 9. Teilbarkeit 5. Man teilt die Stipulationen und Legate ein, je nachdem ob ihr Gegen- 
stand teilbar ist (Paul. u. Ulp. D. 45, 1, 2; 85; 72), d. i. ohne Beeinträchtigung des Werts eine 
Sache in körperliche Stücke, ein Recht in ideelle Teile, ein Tun in sukzessive Leistungen (nicht 
z. B. Besitzübergabe Ulp. D. 45, 1, 72) zerlegt werden kann, ein Unterlassen auch bei teilweiser 
Zuwiderhandlung Wert behält (z. B. D. 45, 1, 2, 6). Für diese Frage entscheidet nach philo- 
sophischer Formulierung, ob der Teil die eigentümliche Gestalt propriam formam = el5os 
(Gai. D. 35, 2, 80, 1) des Ganzen trägt. Teilbare Schuldverhältnisse zerfallen grundsätzlich unter 
mehrere Gläubiger und Schuldner. Unteilbare führen nach der Logik der Formel zur Klage 
jedes Gläubigers oder gegen jeden Schuldner, da die Intentio paßt. Den unbefriedigenden. 
Folgen suchen die Juristen, wie es scheint, auf mehreren Wegen, besonders mit Hilfe von richter- 
lich auferlegten Kautionen zu entkommen. 
§ 80. Wahl= und Gattungsschuld ". Je nachdem ob die geschuldete Sache im einzelnen 
bestimmt oder unter mehreren zu wählen oder nach Gattungsmerkmalen bezeichnet ist, unter- 
  
1 Damit sind namentlich einzelne Nachweise bei Kohler a. a. O. gemeint. - 
INutdieöbeiagtePauLD.21,2,71(interp.Pemice3,185N.2.DaöFotmularder 
Stip. duplae pflegte den Fall der Eviktion bei dem, ad em res pertinebit, vorzusehen; dieser 
Wortlaut Fenügt offenbar den Juristen noch nicht. Zu D. 21, 2, 33 s. Rabel, Haftung des 
Verk. 99 N. 4 gegen Bekker. 
s Lit. zuimmermann, Neues Arcchiv f. Handelsrecht 1 (1858) 48; Crome, Partiarische 
Rechtsgeschäfte 300; v. Tuhr, Grünhuts Z. 25, 529, Krit. Vischr. 43, 582; Hellwig, Ver- 
wäe auf Leistung an Dritte 82; Regelsberger, Ih. J. 41, 251; Rabel, Festschrift für 
ekker 187. 
* Nach D. 3, 5, 27 ist, wer auf Mandat des Mandatars Geschäfte führt, nicht negotiorum 
gestor des ersten Mandanten (s. dazu Partsch, Studien zur Negotiorum gestio 1, 15); in D. 
I7, 1, 8, 3 führte das Glossem tenetur autem quia agere potest (Wlassak bei Rabel a. a. O. 
189) irre. 
5 Ubbelohde, Die Lehre von den unteilbaren Obligationen 1862; Rümelin, Die 
Teilung der Rechte (1883) 171; Arnoö, Le obbligazioni divisibili ed indivisibili (1901), wider- 
legt durch Segre, St. Scialoja 1, 256 N. 3 (bes. zu D. 30, 86, 3);Debray, Revue générale 
32 (1908) (bes. zu D. 45, 1, 4, 1). Über D. 45, 1, 72 pr. itp. Ferrini, Pand. 528; andere itp. 
Stellen Bonfante, Ist. 359 N. 2. Zu den Kautionen Berger, Teilungsklagen 148. 
* Pescatore, Die eog, alternative Obligation 1880; Ferrini, Pand. 530; Wassalli, 
Delle obbligazioni di genere, Tor. 1904; Buonamici, Riw. ital. 49, 35; Schulz, Kr. Vischr. 
50, 71.
	        
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