Grundzüge des römischen Privatrechts. 477
Litiskontestation vollzogen hat (C. 8, 41, 3 a. 239), da der alte Gläubiger der Inhaber der For-
derung bleibt und das Mandat außerdem durch Tod jedes Teils erlischt. Es ist zweifelhaft, ob
daran eine Verständigung des Schuldners von der Zession (Bsp. BGl. 1, 360) etwas Wirk-
sames ändert 2. Der Zessionar muß sich durch Konventionalstrafen gegen diese Gefahren schützen ꝰ.
Wichtig werden aber die — wenigstens teilweise subsidiären (C. 4, 10, 1) — actiones utiles,
die seit Ant. Pius in einzelnen Fällen, zunächst dem Erbschaftskäufer"“, dann dem Forderungs-
käufer überhaupt (arg. C. 4, 10, 2), im 3. Jahrhundert immer regelmäßiger verliehen werden.
Dies sowie die Betonung der Denuntiation an den Schuldner, der eine Rolle entsprechend der
früheren Litiskontestation beigelegt wird, vewollkommnen unter Justinian das Institut derart,
daß der Forderungsübergang mit der Verständigung zu Ende kommt, wie heute noch in Frank-
reich — vielleicht der Rechtsverschiebung durch formlosen Vertrag (BG. F 398) vorzuziehen.
Die Spätzeit brauchte die Zession schon deshalb mehr als die Klassiker, weil in zahlreichen Fällen
eine Zessionspflicht neu vorgesehen wurde 6.
Übergang einer Schuld, während sie fortdauert, auf einen andern Schuldner vermöge
privativer Schuldübermahme ist den Römern fremd. Freilich könnte eine zwischen dem Schuldner
und einem andern geschlossene Schuldübernahme dadurch vollendet werden, daß der Über-
nehmer als Prozeßverteidiger den Gläubiger unter Kaution zur Litiskontestation zwingt, wo-
durch er Subjekt des Prozeßverhältnisses und der Vollstreckungsklage (Ulp. D. 42, 1, 4 pr.) wird.
Anders verhält es sich mit der kumulativen Schuldübemahme durch einen Neuschuldner, die
der Neuschuldner mit dem Gläubiger vollzieht (§97). Der Gedanke aber, daß, wer ein Vermögen
erwirbt, für dessen Schulden haftet (BG#B. F§ 419), wird nur in den mit dem Ende der Persön-
lichkeit des Schuldners zusammenhängenden Fällen durchgeführt, wie in der beschränkten Haf-
tung für den capite minutus (§ 20), oder gegenüber den prätorischen Erben und gegen den Ge-
samwermächtnisnehmer nach dem SC. Trebellianum. Eine gewillkürte Ubertragung der sämt-
lichen Aktiven beläßt grundsätzlich die Schulden, wo sie sind. Selbst gegen den Käufer einer
Erbschaft (C. 4, 39, 2) und den Erwerber eines ganzen Vermögens (Paul. D. 23, 3, 72) haben
die Gläubiger keine Klagen 6.
Am gebräuchlichsten ist Subjektwechsel auf Gläubiger= wie auf Schuldnerseite durch no-
vierende Stipulation (§ 96).
C. Wirkungen.
8 86. Nichterfüllung von Schuldpflichten. Berschulden 7. Die Klassiker bieten uns in
ihrer Lehre von der Stipulation und dem Damnationslegat, namentlich bei der ältesten Art
beider, der Schuld auf dare, das deutliche Bild einer festgehaltenen alten Regelung. Sie ruht
1 Mühlenbruch, Die Lehre von der Zession der Forderungsrechte 1 1817, 1836.
Bähr, Ih. Jb. 1 (1857) 351. Krasnopolski (Prager) Jurist. Bischr. 1909, 2. H. (ex 1872);
Gide, Novation et transport des créances (1879) 231—376. Über die Actio utilis Eisele,
Actio utilis des Zessionars 1887; Z Sav St. 27, 46; Ferrini, Enciclopedia giur. ital. 12, 1,
505. 513, dem Costa, Corso 417 zustimmt; Levy, Sponsio etc. 166.
à Gord. C. 8, 41, 3 vel — denuntiaverit itp., Bähr 379.
2 Dies ersehen wir aus den Papyrusurkunden, die im übrigen bisher nichts anderes zeigen,
als was wir unter Veränderung des Stils auch in Rom zu erwarten hätten: Zession (napaxch#o##tc)
der Klage und Eintreibung, (#gäz#z, %E81, dzalrr#ts), BG. 1170, 52 (10. v. Chr.), Oxy. 271 a. 56,
272 a. 66. Anderer Meinung Wenger, St. Fadda 4, 79; Mitteis, Gdz. 115. Erledigung
einer fiduziarischen Zession zur Sicherung enthält BU. 1171 (10 v. Chr.).
*D. 2, 14, 16 pr., dazu Eisele, ZSav t. 27, 59 N. 1, mißverstanden und daher als
gen itp. erklärt von Beseler, Beitr. 2, 3. Ulp. sagt: seit seinen Actiones utiles steht der
bschaftskäufer einem VBertreter mit Mandat (1I. 10, 12, vgl. 13) Feich. Ob sich Ulp. D. 3, 3,
55, Lenel 1446, auf Erbschaftskauf bezieht (Ferrini, P. 599 N. 1), ist bei dem Zustand des
Fragments unsicher.
5s F. Schulz, ZSavt. 27, 82; Beseler, Beitr. 3, 172.
* Zu D. 39, 5, 28 itp. Gradenwitz, Interpol. 130. — Zahlung des Erfüllungsüber-
nehmers in P. Oxy 1, 68 Z. 24 a. 131 (Erbschaftskäufer), BGU. 970, 20 a. 173.
7 Hasse-v. Bethmann-Hollweg, Die Culpa (1838); F. Mommsen, Bei-
träge zum Obl.-R. 3 (1855); Baron, Archziv Prax. 52, 44; 78, 203; Pernice, Labeo 2,
1 u. 2; Ferrini, Arch. giur. 53 (1894) 260; De Medio, Bull. 17, 5; 18, 260; 20, 157;