Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

482 Ernst Rabel. 
ohne Auftrag, der ein dem Prinzipal nicht gewohntes Geschäft unternimmt, den erwachsenden 
Schaden selber, während er einen Gewinn herauszugeben hätte (Proc.-Pomp. D. 3, 5, 10) uff. 
Die Juristen gelangen aber zu einer genaueren Erwägung des Kausalzusammenhangs zwischen 
der verantwortlich machenden Tatsache und dem eingetretenen schädlichen Erfolg. Die Haftung 
setzt aus, mindestens wenn die erstere nicht „conditio sine qua non“ des letzteren ist oder als 
solche infolge eines dazwischen tretenden Ereignisses nicht nachgewiesen werden kann 1. Hierzu 
gehört es z. B. auch, daß dem Beauftragten nicht der Ersatz des Schadens gebührt, den er bei 
Gelegenheit der Ausführung des Auftrags aus Zufall erleidet, während der durch Ausführung 
des Geschäfts vom Fiduziar, Mandatar usw. erlittene Schaden unter dessen Aufwendungen 
gerechnet, also mit actio contraria einklagbar wird 2. 
Vom Beschädigten selbst verschuldeter Schaden ist kein abwälzbarer Schaden (Pomp. D. 50, 
17, 203, Len. 260 für Legate). Das gilt konsequent auch wenn der Anspruch sich auf Dolus 
gründet, insofern durch die eigene schuldhafte Handlung der Kausalzusammenhang abgeschnitten 
erscheint 3. 
§ 90. Schuldnerverzug #. Natürlich erlischt nach alledem keine actio, wenn der Schuldner 
in Verzug gekommen ist und dann die Sache zufällig untergeht (Paul. u. Ulp. D. 45, 1, 91, 6; 
82, 1). Zum Verzuge gehört Verschulden in der Nichtleistung, was auch in dinglichen (D. 50, 17, 
63) und strengrechtlichen (Pomp. D. 12, 1, 5) Prozessen genau berücksichtigt wird, unter Erwägung 
aller Umstände (Pius in D. 22, 1, 32 pr.). Ohne daß der Gläubiger die Leistung einfordert, ist 
ein Verschulden bei Holschulden nicht leicht denkbar, auch sonst oft nicht (z. B. Paul. S. 3, 8, 4). 
Ein selbständiges Erfordemis des Verzugs ist aber die Mahnung nicht " sie ist nicht gerade bloß 
bei den zu einem bestimmten Termin geschuldeten Leistungen überflüssig; der gemeinrechtliche 
die letzteren als Ausnahme darstellende Satz dies interpellat pro homine entspricht nur dem 
justinianischen Recht. Auch daß der „Dieb immer in Verzug ist“, macht sich nicht als Aus- 
nahme von einer Notwendigkeit der Mahnung, sondern bei der Schadensberechnung der con- 
dictio furtiva geltend (Ulp. D. 13, 1, 8, 1). Da der Gläubiger durch den Verzug nicht leiden 
soll, werden in bonae-fidei-Klagen auf vertretbare Sachen Verzugszinsen berechnet (Marci. 
D. 22, 1, 32, 2). Für Früchte gibt es füglich keine Regel?; Fideikommisse und später auch Legate 
bringen Zinsen und Früchte (Gai. D. 2, 280; Paul. 3, 8, 4). 
§# 91. Gläubigerverzug #S. Umgekehrt darf es niemals zum Schaden des Schuldners 
gereichen, wenn es „am Gläubiger liegt“, daß der erstere nicht leisten kann. Wirklich selbständige 
Bedeutung hat aber nur der Fall, daß der Gläubiger ein gehöriges — durchaus nicht immer 
ein „reales“ — Angebot nicht annimmt (Marc. D. 46, 3, 72 pr.). Holt er bei Holschulden trotz 
Aufforderung die Ware nicht ab oder weist er sonst die Leistungsofferte ab, so ist er ohne weiteres 
in Annahmeverzug, er habe denn besondere Entschuldigungsgründe (sine iusta causa, Marc. 
a. O.), wofür die Quellen übrigens kein Beispiel nennen. Der Schuldner wird nun von seiner 
Haftung für Zufall und selbst Fahrlässigkeit (Pomp. u. Paul. D. 18, 6, 18; 5) befreit. Der Ver- 
1 Ao. leg. Aquiliae: Cels.-Marc.-Ulp. D. 9, 2, 11, 3; Transport: Paul. Note zu Lab. D. 14, 
2, 10, 1 (s. oben); bonae fidei possessor hereditatis nach der Litiskontestation: Cass.-Paul D. 5, 
3, 40 pr.; die Darstellung bei Windscheid §5 258 N. 15 bedarf dringend einer Revision. 
: Für jenes: Paul. D. 17, 1, 26, 6. 7; Jul.-Afr. D. 47, 2, 62, 5 (stark itp.); Impensen: 
D. 47, 2, 62, 1 (Fiduzia), Paul. a. a. O. (Mandat), Paul. D. 13, 6, 22 (Kommodat). Sämtlich 
in den echten Teilen, s. Eisele, Arch. ziv. Prax. 84, 319; Pernice 2, 2, 227: Segre, 
St. Fadda 6, 345. 353. 
2 Paul. D. 19, 1, 45, 1, Schluß itp. (Gaymann, Haftung des Verkäufers 68). Anders 
der Fall in D. 9, 2, 9, 4. 
"v. Madai, Die Lehre von der Mora 1837; Wolff, Z. L. v. d. Mora 1841; Fr. Momm- 
sen, Beiträge 3 (1856); Kniep, Die Mora des Schuldners 1871/2; Pernice, Lab. 2, 2, 132; 
E. Heymann, Festgaben für Cnneccerus (1913) 15—45. 
5 Wir sagen: „infolgedessen“ (& 89); so aber wohl auch die letzten Klassiker; Pernice 
138—142 dürfte zu viel Itp. annehmen. 
* Dies alles nach Siber, ZSavöt. 29, 47. 
7 Zu Paul. D. 22, 1, 38 Segré, Studi Brugi S. A. 7. 
* Kohler, Ih. J. 17 (1879) 261; Arch Bürg R. 13, 149; v. Schey, Begriff und Wesen 
der Mora creditoris 1884.
	        
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