Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

490 Ernst Rabel. 
k. Bestärkungen 1. 
§ 100. Strafversprechen 2. Sehr häufig sichert sich der Gläubiger wegen der Zuwider- 
handlung gegen Vertragspflichten oder des sonstigen Ausbleibens einer geschuldeten Leistung 
durch Ausbedingung einer Strafsumme (poena). Besonderes Gewicht legt er hierauf, wenn 
er kein Geldinteresse hat, z. B. die Leistung on einen Dritten erfolgen soll, oder wenn er keinen 
Schaden überhaupt oder in der Höhe des Strafbetrags nachweisen kann. Ein solcher Vertrag 
hat die Form einer kondizionalen Stipulation, z. B. si Pamphilum servum non dederis C 
dare spondes? Geht diesem Versprechen bereits eine klagbare Obligation voraus, so entstehen 
zwei Klagen, die an sich häufbar wären; so ist nach einer Doppelstipulation: Pamphilum mibi 
dare spondes? spondeo. Si Pamphilum non dederis C dare spondes? spondeo mindestens die 
Grundauffassung, daß beim Verzug des Schuldners sowohl Pamphilus als das Geld, also eine 
wahre Strafe gefordert werden kann. Die Juristen stellen indessen einen Ausgleich her, nicht 
sicher ob in allen. Fällen, zumal in dem soeben gedachten; jedenfalls wenn die erste Klage bonse- 
fsidei-Natur hat, z. B. aus Kauf kommt, indem sie hier die hinzukommende stipulatio poenae 
als bloße Pauschalierung des Interesses betrachten und wahrscheinlich indem sie nur die Wahl 
zwischen beiden Klagen zulassen 3. Außerdem gilt das Strafversprechen als abhängig von der 
Gültigkeit der Hauptobligation rücksichtlich der Möglichkeit und Erlaubtheit der Leistung (z. B. 
Ulp. D. 45, 1, 69), natürlich nicht in allem übrigen, da sonst der Zweck meistens verfehlt wäre. 
§ 101. Drangabe“ (arrha)h ist bei den Juristen lediglich ein Beweiszeichen für den Abschluß 
eines Vertrags, insonderheit des Kaufs (Gai. 3, 139). Wenn es in Geld besteht, so ist damit 
auch ein Teil des Kaufpreises vorausbezahlt, der zurückgefordert werden darf, sobald der Kauf- 
vertrag nachträglich unwirksam wird, sonst natürlich nicht (Diocl. C. 4, 45, 2, 2); ist z. B. ein 
Ring gegeben, so kann er auch nach Erfüllung des Vertrags zurückverlangt werden (Jul.-Ulp. 
D. 19, 1, 11, 6 itp.). Bei Säumnis des Käufers geht ihm die Drangabe verloren; insoferm 
ist sie noch immer Einsatz, pignus, wie Plautus den co###übersetzt. Viel stärker war aber wohl 
einst und ist stets im griechisch-hellenistischen Kaufrecht die Sicherungsfunktion des copa. Weist 
doch schon der häufig gebrauchte Ring, das Persönlichkeitszeichen, auf eine Haftbarmachung 
der Person hin. Dort bedeutet mangels eines bindenden konsensualen Kaufvertrags das Geben 
und Nehmen der Draufgabe einen eigenen Realvertrag, der eine Haftung des Verkaufen- 
sollenden und bisweilen auch des präsumptiven Käufers für die künftige Vollziehung des Bar- 
kaufs herstellt. Dies wird in den einzelnen Rechten und in der Urkundenpraxis verschieden 
durchgeführt, auch in den Rechtsbüchern teils (Scaev. D. 18, 3, 6; 8; Carac. C. 4, 54, 1) römisch 
konstruiert „teils als römische „arrha confirmatoria“ behandelt (Diocl. C. 4, 45, 2) und schließlich 
1 Hierzu rechnet man auch den promissorischen Eid (darüber bes. Wenger, ZSavst. 23, 
158), der aber nur ausnahmsweise in Rom praktische Wirkung hat (ius jurandum Uberti, # 65; 
C. 2, 27, 1) und das Constitut (§ 97), bisweilen mit wenig Recht auch die recepta argentarü und 
nautae etc.; eigenartig neuestens Arangio-Ruiz, Le genti 55. 
: Bertolini in Studi e doc. 15 (1894) 91. 193; Pergament, Conventionalstrafe und 
nteresse 1896; Sjögren, über d. röm. Conventionalstrafe und die Strafklauseln der frän- 
ischen Urkunden 1896; Berger, Die Strafklauseln in den Papyrusurkunden 1911; G. Mos- 
9 a Studi sulla pena convenzionale Nap. 1912 (mir nicht zugänglich); Partsch, Arch. 
apF. 5, 477. 
3 Das Letztere ist nicht sicher, da nach der justinianischen Gestalt der Quellen Jul. D. 19, 1, 
28; Ulp. D. 17, 2, 42; 41 nach Anstellung einer Klage die andere auf den noch nicht eingebrachten 
Rest ihres Petits erhoben werden kann. Die andere Frage betrifft den in späterer Zeit sehr häufigen 
Fall, daß die Hauptobligation selbst in Stipulation gekleidet ist, wie oben erwähnt. Ob dann stets 
ein Alternativverhältnis hergestellt wird, oder (so Perozzi, Ist. 2, 138 ohne zwingende Beweis- 
führung) nur bei gerichtlichen Strafstipulationen, (Lab. D. 44, 4, 4, 7)? Just. in D. 45, 1, 115, 2 
(quod sine — petatur] verändert das ganze Prinzip zugunsten der Willensauslegung; so weit 
sind Perozzis Nachweise unbedingt zutreffend. Siber, 8Savöt. 29, 89 scheint dies alles 
nicht zu beachten. 
* Atere Lit. bei Leonhard in Realenz., arrha; Pappulias, loropih #Rt 0 
dpp#o Lpz. 1911; Partsch, Gött. Gel. Anz. 1911, 713 (grundlegend); Calogirou, 
Die Arrha im Vermögensrecht 1911. Cornil, Mél. Girard 1, 222; Collinet, Etudes 1, 
85; Senn, Nouv. rev. 1913, 575; San Nicolb, Krit Vsschr. 52, 52. Zur arrha sponsalicia 
oben 8 12.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.