Grundzüge des römischen Privatrechts. 495
sprechend auf Forderungen (pignus nominis) und Pfandrechte (p. pignoris, „subpignus") er-
streckt werden 1. Der Verpfänder muß die Sache, so will es der Grundsatz, in bonis habere,
also einen Besitz haben und ein dingliches wenigstens prätorisch geschütztes Recht zum Besitz.
Daher können Nießbraucher und Vektigalist Pfandrechte bestellen, vermutlich aber noch nicht
ein Superfiziar (anders Just. in D. 13, 7, 16, 2)2. Ob mit der Sache ohne besondere Abrede
auch die Früchte haften, ist unter den Juristen lebhaft bestritten, es wird aber schließlich bejaht,
vorausgesetzt, daß die Früchte durch die Trennung in das Eigentum des Verpfänders fallen?,
also zufolge eines unterstellten antezipierenden Pfandvertrages über künftige Sachen. Ein
solcher scheint, vorbehaltlich des nachträglichen Entstehens der Sachen, ein schwebendes Pfand-
recht zu begründen, nicht bloß dessen Rang für künftige Entstehung zu wahren, was die Römer
überhaupt nicht recht kennen. Noch größere Schwierigkeiten macht die Verpfändung einer
fremden Sache #. Am sichersten anerkannt (Pap. D. 20, 1, 1 pr.) ist die des gegenwärtigen und
künftigen Vermögens, obwohl sie gelegentlich noch ihre Herkunft aus einem Beschlagrecht zeigt
(S. 494 2) und gegenüber speziellen Pfändern subsidiär wirkt (C. 8, 13, 2). Infolgedessen läßt
sich auch eine Gesamtsache, z. B. Herde (Marcian D. 20, 1, 13 pr.) oder Warenlager (Scaev.
D. 20, 1, 34 pr.) derart verpfänden, daß der jeweilige Bestand als Pfand gilt.
3. Wie das Entstehen der Sache, so kann auch die Pfandforderung bedingt oder betagt
sein — jedoch abermals unter beträchtlichen Schwierigkeiten. Ist die Forderung bedingt, so
ist es auch das Pfandrecht (Marcian D. 20, 1, 5 pr. a. E.), wenn man Gai. D. 20, 4, 11, 1 traut,
unter Rückziehung auf den Vertragsschluß. Das ist wohl das durchdringende Ergebnis der Dis-
kussion unter den Klassikern 3. Mit der Forderung sind Zinsen und sonstiger Zuwachs (Pomp.
D. 13, 7, 8, 5) gedeckt, seit Gordian 239 n. Chr. (C. 8, 26, 1) kann das Pfand auch zugunsten
anderer Forderungen zurückgehalten werden (sog. pignus Gordianum), was längst früher be-
zeugten Vertragsklauseln entspricht. Das Pfand haftet für die ganze Schuld ungeteilt, „pignoris
causa indivisa est“, wie wir nach Pap. D. 21, 2 ,65 sagen; so muß es unter anderem noch für
den letzten Rest der Schuld zur Gänze herhalten (C. 8, 27, 6)7. Diese Grundsätze kommen den
nimmersatten Kreditgebern recht weit entgegen.
§ 106. Inhalt und Schutz. Der Faustpfandgläubiger hat Interdiktenschutz für seinen
Besitz, der in der Severenzeit auch schon grundsätzlich den Fruchtbezug, im Zweifel für Rechnung
des Verpfänders, zu liefern scheint (5§ 42). Der Verpächter erlangt Besitz an den ihm ver-
pfändeten eingebrachten Sachen des Pächters durch das Interdictum Salvianum, das er aber
vermutlich nur gegen den Pächter selbst anstellen kann; der Vermieter an den eingebrachten
1 Sohm, Lehre vom Subpignus 1864; Windscheid-Kipp, P. 1, 8 239.
2 Auch der Inhaber einer Urbanalservitut kann sie nicht verpfänden, Marcian D. 20, 1, 11, 3,
während man wegen Rustikalservituten allerdings stritt, D. 20, 1, 12 (nicht völlig up. abw.
Perozi, Ilst. 1, 487 N. 3; 527 N. I; Albertario, pegno della superficie.) L. 1112
ist wohl nur soweit itp., wie Siber, Passivlegit. 90; P. Krüger, zur St., annehmen.
Bgl. dazu H. Krüger, Grünhuts Z. 36, 409 und L ast, ebd. 454.
2 Ulp. D. 40, 5, 26, 2; Alex. Sev. C. 8, 24, 1; 8, 14, 3; Pap. D. 20, 1, 1, 2; 29, 1 (ob-
wohl itp.). Oertmann, Z3iv Proz. 41, II; Chlamtacz, Ref. Berger, Zöavöt.
31, 447; M ie f, Gläubigerbefriedigung 46, 69 N. 2.
4 1. Paul. D. 20, 1, 18, publizianischer Schutz des Pfanderwerbs vom publizianischen Be-
sitzerc; 2. Marcian D. 20, 1, 16, 7; Ulp. D. 20, 4, 7, 1. 8. Pap. D. 20, 1, 1 pr. Lqui —
alienum itp.]; 20, 4, 3, 1; 36, 1, 58. 4. Afr. D. 20, 4, 9, 3 Lhaec — esse itp.!; Paul. D. 13,
7, 41 sed — moveatur itp.); Just. in D. 20, 1, 22 itp. Dazu Segrsè, Temi 1906 (mir nicht
zugänglich).
6 ¾l 2— Erwägungen klingen seltsam, als hätte man die doch z. B. bei den Eviktions-
garantien sehr alte unbedingte Haftung für bedingte Schuld nicht eigentlich genügend geglaubt,
vgl. Afr. D. 20, 4, 9 pr.; Pap. D. 20, 4, 1 pr. (eive hypothecam itp., Fehr 64; P. Krüger;
unmöglich ist (fiduciam) mit Kübler, Mél. Girard 2, 57 einzusetzen). Wahrscheinlich kommt
dies von der einseitigen Beschäftigung mit der Pfandklage und dem Zeitpunkt ihrer Anstellbar-
keit her. Derselbe Mangel verhindert jedenfalls eine klare Erörterung über das Inkrafttreten
des Pfandrechts unter Trennung von der Frage nach seinem Rang. Die dahin gerichteten
modernen Fragen müssen daher ohne Antwort bleiben.
"% P. Lips. 10 a. 181, Mitteis, Godz. 154. #
7 Ebenso in Griechenland, Hitzig 135, und wohl auch Agypten (gegen Gradenwitz,
Arch PapF. 2, 100) Mitteis, Gödz. 157.