Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

506 Ernst Rabel. 
oder Pächters, der Verkäufer eines Sklaven wegen der ihm vom Vorverkäufer auferlegten 
Beschränkungen. Ein dogmatischer Fortschritt schlösse sich an, wenn auch ohne stip. poenae aus 
der Hauptstipulation eine Klage auf das Eigeninteresse gegeben würde. Die Juristen haben 
sich diese Frage vorgelegt und sie vielleicht in einzelnen Fällen bejaht (Marc. Ulp. D. 45, 1, 
38, 20—23 stark itp.), Diocl. C. 8, 38, 3 gibt es nachher als Prinzip. 
Entsprechend darf promittiert werden, daß Titius etwas tun oder daß irgend ein Erfolg 
eintreten werde, sobald der Versprechende selbst die Garantie übernimmt. Das geschieht regel- 
mäßig nur durch Strafversprechen. Aber es gibt eine Reihe altüblicher Garantiehaftungen :, 
die auch ohnedies anerkannt sind, z. B. haftet der Gestellungsbürge aus dem vadimonium alium 
sisti (Cels.-Ulp. D. 45, 1, 81), der Prozeßvertreter aus der cautio ratam rem (dominum) habi- 
turum (D. 46, 8), der Verkäufer aus der Stipulation des habere licere, d. h. des Ausbleibens 
von Angriffen Dritter (Ulp. D. 45, 1, 38 pr.). Wie es scheint, empfinden die Severischen Juristen 
dabei theoretische Skrupel (vgl. Ulp. D. 45, 1, 38 pr. — § 2), sie deuten die Haftung in ein Ver- 
sprechen um, selbst bemüht zu sein (se curaturum), um sie nicht für ungültig erklären zu müssen, 
nam de se quemque promittere oportet (Paul. u. Ulp. D. 45, 1, 83; 50 pr.). Hier ist das Ver- 
ständnis der Garantiehaftung getrübt. 
Gerade die gesamte Spätzeit scheint in der Tat das Dogma streng festzuhalten. Die 
Diocletianische Kanzlei erklärt eine Stipulation (C. 5, 12, 26) und sogar einen Kaufvertrag 
(falls C. 4, 50, 6, 3 etwa echt ist) zugunsten eines Dritten und vielleicht zugleich den im fremden 
Namen geschlossenen Vertrag für nichtig, da der Dritte von Rechts wegen, der Kontrahent 
wegen seines Willens vom Forderungserwerb ausgeschlossen sei. Zwar dürfte hierin ein neues 
Korrektiv liegen. Die Willensinterpretation hätte, sobald man sich einmal auf sie einläßt, nur 
für den einzelnen Fall Bedeutung. Mit dem formellen Wesen der Stipulation, wie es noch die 
Klassiker verstehen, ist das aber unvereinbar. Wir bemerken bei diesen auch nur kleine Hülfen; 
z. B. wird aus reiner Verlegenheit eine gültige Stipulatio cum moriar (Paul. Vat. 98 u. a.) 
neu erfunden. Versucht wird auch, mit der stip. mihi et Titio X dare spondes der Schwierig- 
keit Herr zu werden (J. 3, 19, 4, aber strenge Diocl. C. 8, 38, 6). Merkwürdigerweise kann ein 
servus publicus einem Vormund die cautio rem pupilli salvam fore abnehmen (Ulp. D. 46, 6, 2; 
4 pr.; 27, 8. 1, 15); die Klage wird dann auf den Mündel übergeleitet; ebenso leistet der 
Arrogator eines Unmündigen die Sicherheit einem Staatssklaven (Marc. D. 1, 7, 18). 
Auszunehmen sind übrigens die Dienste von Sklaven und Freigelassenen, die nicht als 
ein Tun, sondern als Sache gelten, wahrscheinlich weniger ihrer wirtschaftlichen Vertretbarkeit 
wegen als weil man zwischen dem Dienstmann und den Diensten noch nicht viel Unterschied 
macht. Sowie ein Freigelassener seinem Patron verspricht operas dare und die Klage des Patrons 
auf dare lautet, könnte daher auch mit dem Freigelassenen ein anderer als Korrealschuldner 
des ersteren operae zu geben versprechen (so wohl Jul. D. 45, 2, 5) 7. 
Nun wird das alteri stipulari non licet eben nur von Stipulationen entwickelt (Paul. 
D. 44, 7, 11 itp. let ideo-possumusl]). Wie es im übrigen steht, ist nicht ganz klar. Wir finden 
z. B. einen Ersatzanspruch aus einem Begräbniskassenstatut für einen Dritten, der das Begräbnis 
besorgt 38. Wir wären auch nicht überrascht, in Verkehrsgeschäften den rigor iuris verlassen zu 
sehen. Doch ergeben die Quellen kein einziges unverdächtiges Zeugnis für eine unmittelbare Klage 
eines Dritten ". Das stärkste Bedürfnis allerdings wird auch besonders befriedigt. Für Zu- 
wendungen durch einen Mittelsmann gibt es mancherlei Formen mit indirektem Schutz des 
Drittbedachten, für letztwillige das Fideikommiß, das dem Dritten die unmittelbare Klage ver- 
schafft. Diese steht unter Umständen sogar aus einem Vertrag unter Lebenden zu, zumal seit 
Pius aus der in der Antike häufigen Hinterlegung mit der Verfügung, im Fall des Todes des 
1 UÜber den Charakter derselben vgl. Partsch, Griech. Bürgschaftsrecht, bes. 1, 168; 
ZSavöSt. 29, 408; zur Sache auch Rabel, Haftung des Verkäufers 1, 69. 
* Dazu Théölohan, Etudes Girard 1, 371 und dessen weitere § 65 ang. Schrift. 
: Lex coll. funeraticil Lanuviensis Bruns-Gradenwitz u. 175, Z. 30; vgl. Debray, 
Nouv. rev. 1912, 38. 
*Eisele, Beitr. RG. 76. Dazu über die Klage des Drittbedachten aus einer Schenkungs- 
auflage Vat. 286 Schulz a. 5& 116 ang. O. — Über einen ägyptischen Pachtvertrag P. Straß- 
burg 2 mit Lohn für den Knecht des Verpächters Wenger, Festschrift für Bekker 82.
	        
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