Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

524 Ernst Rabel. 
heresque esto); die Römer verachten die Schwierigkeit, die sich die Pandektisten im Städelschen 
Erbstreit insofern machten, als es bedenklich sei, eine Stiftung als Erbin erst im Testament zu 
kreieren 1. Nach einer Ansicht (J. 2, 14 pr.) soll sich die Freilassung aus der Erbeinsetzung von 
selbst verstehen. Die Ernennung fremder Sklaven geschieht zu mancherlei Zwecken 2; diejenige 
eigener häufig bei befürchteter Vermögensinsolvenz ev. als Einsetzung letzten Grades, um vom 
Nachlaß die Schande des infamierenden Konkurses abzuwenden. Denn der Sklave darf nicht 
ablehnen 3. Die aktive und possive Fähigkeit fehlt strafweise dem intestabilis — als Rest der mit 
diesem Namen bezeichneten Unfähigkeit, Zeugnis zu leisten oder sich leisten zu lassen — und 
fehlt natürlich nach einer Strafe, die das Bürgerrecht benimmt. Verliert der eingesetzte Erbe 
strafweise die Freiheit, so ist er „Sklave ohne Herm“, daher gilt die Einsetzung nicht zugunsten 
des Fiskus, sondem ist nichtig (Marci. D. 34, 8, 3). Die seltsamen Ehegesetze, mit denen Augustus 
das Heiraten und Kinderbekommen erzwingen wollte, benehmen den widerspenstigen in einem 
Testament bedachten Hagestolzen und Kinderlosen nicht die Erbfähigkeit, aber die Erwerb- 
fähigkeit, capacitas, ein Begriff, den schon die etwas ältere lex Junia betreffs der Latini Juniani 
aufstellte. Manche Strafen endlich hindern auch nicht den Erwerb, „entreißen“ aber den schon 
gemachten wieder dem Erbunwürdigen ". Die durch incapacitas hinfälligen zu den bona caduca 
gehörigen Zuwendungen und die durch Erbunwürdigkeit verwirkten bona ereptoria fallen unter 
Umständen an andere Privatpersonen, für die demnach hier ein außerordentlicher gesetzlicher 
Berufungsgrund vorliegt (Ulp. 19, 17), sehr oft freilich an den Staat (§5 132). 
Das Testament braucht nun außer der Form und der aktiven und passiven Testaments- 
fähigkeit mindestens eine auch im übrigen gültige Erbeinsetzung mit den imperativen Worten 
Titius heres esto oder Titium heredem esse jubeo (Ulp. 21, 1) an der Spitze der Verfügungen. 
Von diesen Worten sieht erst Konstantin ab. Dagegen braucht der Erbe nicht mit dem Namen 
genannt, sondern nur sicher bestimmbar bezeichnet sein (Ulp. D. 28, 5, 9, 8) und daraus, sowie 
aus der Zulassung der im Testament bestätigten Kodizille, d. i. formloser Schriftstücke, ergibt 
sich die höchst bedenkliche Konsequenz, daß der Erblasser durch eine Einsetzung: quem heredem 
codicillis fecero, heres esto (Pap. D. 28, 5, 78) auf einen „Nachzettel“ verweisen darf (sog. „testa- 
mentum mysticum“). — Endlich: sui müssen eingesetzt oder enterbt werden. 
Mangelt eines dieser Erfordemisse zu Anfang, so wäre das Testament non iure factum, 
iniustum; fällt eines später dahin, so wird das Testament entkräftet (infirmatum), nach dem 
Sprachgebrauch führender Juristen ruptum durch nachträgliches Auftreten eines suus und 
durch Aufhebung; irritum durch capitis deminutio des Testators. Führt es tatsächlich zu keiner 
Erbfolge, so ist es destitutum, desertum. Auch im letzten Fall ist der Erblasser intestatus (Ulp. 
D. 38, 16, 1 pr.; Paul. Coll. 16, 3, 1). In allen Fällen aber, wo beim Tode ein gültiges Testament 
vorhanden war, ergeht die Berufung an die Intestaterben erst, sobald sicher ist, daß es dahin- 
fiel (Gai. 3, 13) und an die in diesem Augenblick nächsten Erbanwärter (Ulp. D. 38, 16, 2, 6). 
Nach Zivilrecht müßte ein Widerruf des Testaments durch die Errichtung eines neuen 
geschehen, ein neues würde hinwieder stets das alte aufheben. Die prätorische Praxis der bon. 
possessio ist anders. Der Erblasser kann durch Vemichtung, z. B. Durchschneiden des Verschluß- 
fadens, die Urkunde untauglich machen (Paul. Coll. 16, 3, 1) 5 oder einzelnes streichen und die 
Urkunde neu versiegeln lassen (Ulp. D. 28, 4, 2), auch ein früheres Testament durch Vernichtung 
1 Eher ließ sich ja die im BGB. 7 84 erledigte Frage aufwerfen, ob die vom Gesetz geforderte 
staatliche Genehmigung nachgeholt werden kann. 
2 Girard, Manuel 823 N. I. 
3 Gai. 2, 154; anders hierzu Kooiman 370. Zu (. Theod. 2, 19, 3, Lesung s. Kipp, 
D Lit Ztg. 1907, 179. 
4 Lit. zu beiden bei Leon hard in Realenz., bona caduca, bona ereptoria, capacitas. 
Über strafweise Entziehung von Erbschaften, die als klassische Vorläufer der byzantinischen Ent- 
erbungsgründe gelten können, Merkel, Die juristischen Enterbungsgründe (Gierkes Unt. 94, 
1908) 8. 
5 Die Intestaterben erhalten b. p. ab intestato cum re (Gai. 2, 151 a; der 2. Teil dieses 
Paragraphen ist zweifelhaft, die Vermutung von Huschke, die Seckel-Kübler offenbar der Krügerschen 
Konjektur vorziehen, vermutlich auch der Sache nach falsch, da es für die Klassiker nicht auf die 
mens testatoris ankommen dürfte); P. Krüger, Krit. Versuche (1870) 1; ZSavSt. 1, 53; 7 II, 
91; 8, 109 (dessen Theorie allgemein angenommen ist).
	        
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