Bürgerliches Recht. 171
muf förmlich geschehen, durch öffentlich beglaubigte Erklärung an das Nachlaßgericht (§§ 1944 .).
Sie soll an das zuständige Nachlaßgericht geschehen, doch ist eine Erklärung an das unzuständige
Gericht als gültig aufrechtzuerhalten; vgl. § 7 Gs G. 1.
Der Ausschlagung steht die Annahme entgegen. Diese hat die Bedeutung, daß die
Ausschlagung nicht mehr möglich ist, auch wenn sonst die Fristen noch schweben (§ 1943) 2.
Von der Ausschlagung zu unterscheiden ist der Erbverzicht, welcher durch Ver-
trag zwischen dem Erblasser und dem Verzichtenden, also vor dem Erbfall, erfolgt, wodurch ein
künftiger gesetzlicher Erbe abgestoßen werden kann, so daß bei Erbfall sein Recht nicht entsteht 3.
Dies kann auch bei einem Testamentserben von Bedeutung sein, wenn etwa der Erblasser ge-
schäftsunfähig geworden ist und sein Testament nicht mehr ändern kann (§F 2347 BGB.); denn
der Erbverzicht ist auch gegenüber einem geschäftsunfähigen Erblasser möglich, an dessen Stelle
der gesetzliche Vertreter handelt; ebenso kann er bedeutsam sein im Falle eines im Erbvertrag
eingesetzten Dritten, wenn beispielsweise der Vertragsgenosse den Erblasser nicht vom Erbvertrag
freigeben will (§ 2352 BGB.). Der Erbverzicht spielt namentlich im Ehevertrag eine große
Rolle, indem der eine Ehegatte auf den vom andern herrührenden gesetzlichen Erbteil verzichtet;
hier ist in favorem matrimonü einige Erleichterung gegeben, § 2347.
Natürlich ist der Erbverzicht kein Erbvertrag, denn er enthält keine erblasserische Verfügung,
sondern eine die künftige Erbberufung ablehnende Erklärung, die in der Gestalt eines Vertrages
erfolgen muß 4.
§ 121. Das BB entspricht auch darin dem Zug des deutschen Rechts, daß es eine Vor-
und Nacherbeinsetzung gewährt. Da die Erbberechtigung nur an dem Vermögen,
nicht an der Person des Erblassers haftet, so steht nichts im Wege, das Recht am Vermögen zu
einem zeitweiligen und auflösend bedingten zu gestalten 5. Auch ist kein Grund vorhanden, hier
die Umwege des römischen Rechts zu wählen, so daß nur der Vorerbe Erbe wäre und der Nach-
erbe sich in die Rolle eines Universalfideikommissars flüchten müßte. Auch der Aushilfe des
römischen Rechts, den Vorerben mit einem Veräußerungsverbot zu belasten, bedürfen wir nicht,
denn die relative Unwirksamkeit der Veräußerungen ergibt sich bereits daraus, daß er nur unter
einer auflösenden Bedingung berechtigt ist. Vgl. unten S. 181 f.
Auf solche Weise läßt man mehrere Ordnungen hintereinander zu, eine Art von Feudali-
sierung des Vermögens, verwandt den lehnsrechtlichen Instituten, verwandt den Familien=
fideikommissen, getragen von dem vielverbreiteten antiindividualistischen Bestreben, eine Form
des Vermögensgenusses zu schaffen, welche mehrere Generationen hindurch dauer und von den
Wechselfällen der einzelnen Familienglieder unabhängig sein soll. Dies sind Bestrebungen,
die heutzutage nur teilweise ihre Berechtigung haben 8; jedenfalls darf die Gebundenheit des
Vermögens nicht ins Unendliche gehen; darum ist bestimmt, daß regelmäßig in dreißig Jahren die
Erbschaft frei sein solle, welche Frist allerdings unter Umständen etwas verlängert sein kann; aber
doch nur so, daß auch hierdurch nicht gerade eine unverhältnismäßige Verklammerung herbeigeführt
wird. Die dreißigjährige Frist kann nämlich dann überschritten werden, wenn die Nacherbfolge
auf Ereignisse des Vor-- oder Nacherben gebaut ist und diese Personen zur Zeit des Todes des
Erblassers schon lebten; so insbesondere, wenn eine Nacherbeinsetzung für die Zeit des Todes
1 So auch RG. 15. Juni 1909 Juristenzeitung XIV S. 1210, Entsch. 71 S. 380; verfehlt
Kammergericht 2. Mai 1910 Entsch. f. Gerichtsb. X S. 243. Warum soll die heilsame Bestimmung
des § 7 GsG. nicht dem Publikum zu Hilfe kommen, wo ein Irrtum so leicht möglich ist? Die
Gerichte haben ja durch Übersendung an die richtige Behörde alsbald dem Mangel abzuhelfen!
* So auch a. 571 Schweizer GB. Stillschweigende Annahme ist im Zweifel nicht zu unter-
stellen, RKG. 6. Juli 1909 JB—. XIV 1329.
* So auch a. 495 Schweizer GB.
* Voal. Robert Marx, Wirkungen des Erbverzichts (1908), S. 261. Das Justitut ist
germanischen Rechts und hängt mit den uralten Ausstattungsverträgen zusammen, durch welche
das aus estattete Kind sich von der „Were“ löste, Sachsenspiegel I 13, 2.
ie Ernennung zum Nießbraucher kann als Ernennung zum Vorerben gedacht sein, OLG.
golmar 3. August 1911 Z. Els.-Lothr. 36 S. 597.
Der Code JNap. gestattet die Nacherbeinsetzung (substitution fideicommissaire) nur in
beschränktem Maße, a. 896, 1048 f. Das Schweizer Gesetz gestattet nur einen Nacherbfall, hat aber
über die Zeit, wo er eintreten darf, keine Beschränkung, a. 488, 489. Andere Beschränkungen
hat der Ungarische Entw. ##1641, 1643. '