Bürgerliches Recht. 23
Das gleiche gilt, wenn eine Sache einer Dienstbarkeit halber auf dem dienenden Grund-
stück eingebaut ist; die Sache gehört als Rechtspertinenz zur Grunddienstbarkeit, nicht zum
dienenden Grundstück 1.
Wenn ferner ein Erbbauberechtigter (Superfiziarberechtigter) im Gefolge dieses Rechtes
ein Gebäude errichtet, so wird er Eigentümer des Eingebauten, und wenn also beispielsweise
von diesem Gebäude ein Ziegel abfällt, so gehört er dem Erbbauberechtigten und nicht dem
Eigentümer von Grund und Boden. Und ebenso ist es, wenn jemand z. B. kraft der Plakat-
miete ein Plakat an der gemieteten Wand anbringt: er bleibt Eigentümer des Plakates, und es
gehört nicht dem Eigentümer der Wand; und ebenso, wenn der Pächter eine Aufbewahrungs-
hütte baut oder wenn der Mieter oder Nießbraucher einen Herd einfügt, § 95 BGB.: der
Erbbauberechtigte, Mieter, Pächter, Nießbraucher fügt die Sache nicht für die Zwecke des
Grundstücks ein, sondern für seinen eigenen Zweck, für so lange, als er in dieser Eigenschaft mit
der Hauptsache zu tun hat, §§ 94, 95 BGB. 2. Ein etwaiger Uberbau, § 912 f. BGB., ist natürlich
ein unbeweglicher Bestandteil des zu weit gebauten Grundstücks, und folgt seinen Hypotheken 3.
Dagegen gilt ein auf dem Grund und Boden der Gemeinde errichtetes Denkmal als Eigentum
der Gemeinde, auch wenn seine Errichtung von einem Verein betrieben worden ist .
Nichtverbundenes Zubehör bleibt trotz der Zubehöreigenschaft beweglich. Die frühere
Anschauung, welche das Zubehör eines Grundstückes immobilisierte (C. Nap. Art. 524:; immeubles
par destination), ist eine unrichtige Ausdrucksform für die oben betonte Beteiligung des Zu-
behörs an dem Schicksal des Grundstückes.
Verbundenes Zubehäör dagegen wächst mit dem Grundstück zur Einheit zusammen
und wird unbeweglich; noch mehr: es verliert seine selbständige Sachqualität und schmilzt als Teil
mit der Hauptsache zusammen: ihr Eigentum ist sein Eigentum, ihr Recht ist sein Recht, 946 BGB.
Doch kann ein justollen di als dingliches Recht begründet werden, wonach der ehe-
mals Berechtigte befugt ist, die Trennung und damit den Rückfall des Eigentums zu verlangen.
Ein solches jus tollendi kann vorbehalten werden, z. B. bei dem Einbau von Maschinen. Die
deutsche Jurisprudenz ist hier nicht zu klaren Ergebnissen gediehen 5.
Was die sonstigen Einbausachen betrifft, welche nicht zum Zubehör gehören, so gilt folgendes:
auch sie sind unbeweglich s, ihre Rechtsschicksale aber folgen, da sie Rechtspertinenzen sind, den
Regeln dieser.
3. Eine dritte Stufe der Zusammengehörigkeit ist die Unternehmereinheitz;
so insbesondere, wenn eine Vielheit von Gegenständen einem großen Transportunternehmen
gewidmet ist: so vor allem die Vermögenseinheiten der Eisenbahnen, elektrischen Bahnen,
namentlich auch der Kleinbahnen?. Ihre Eigentümlichkeit besteht darin, daß hier das rollende
Material eine viel größere Bedeutung hat, als sonst das Zubehör zu haben pflegt, und daß die
Einheit des Unternehmens, dem das Ganze dient, hier mehr als sonst hervortritt; weshalb die
zum Unternehmen gehörigen Gegenstände zu einer untrennbaren Rechtseinheit zusammengehören
und nicht durch irgendwelche, dem Betrieb widersprechende Rechtsvorgänge abgesplittert werden
1 So auch ausdrücklich Schweizer 86B. a. 675. Vgl. unten S. 24 zu Note 4.
„ So auch Schweizer 8G. a. 677.
* So auch RG. 1. Oktober 1913 JW. 43 S. 38.
* Od. Zweibrücken 19. November 1909, Rhein. Zeitschr. IV S. 281.
» «Vgl.RG.23.Juni1906Entfch.63S.416,worindasjustollondivekkanntund§946BGB.
libertreibend ausgelegt wird. Dazu die vielen anderen Entscheidungen, zitiert bei Ernst Heil-
—orn,, rechtsgestaltende Kraft der Sachverbindung S. 79 f. VFgl. RG. 2. Nov. 1907, 26. Juni
19##st, 29. Mai 1908 Entsch. 67 S. 30; 69 S. 118, 150; 3. Febr. 1911, 18. Febr. 1911, 31. Mai
1911 JW. 40 S. 317, 397, 573 u. a. Zahlreiche Handelskammern, z. B. Frankfurt 1906, haben sich
Legen die unerträglichen Zustände erklärt, zu denen die Judikatur des RG. Anlaß gegeben hat. Das
Jus tollendi ist einfach als persönliche Dienstbarkeit einzutragen. Hätte das RG. dies ausgesprochen
und dadurch der Praxis den einzig richtigen Weg gewiesen, so wären der deutschen Industrie unendliche
Widerwärtigkeiten erspart geblieben. Vgl. auch Polenske, Bodenreform XIX S. 507 f. Dies ist
eben die Folge der unrichtigen Jurisprudenz, welche das Recht nach dem Willen des Gesetzgebers
und nicht nach den Bedürfnissen der Praxis gestaltet. Lex lata und lex ferenda! Unheilsworte!
* Gegen die seltsame Ansicht, daß solche Einbauten beweglich seien, vgl. Herbert Meyer,
Natur der nur scheinbaren Bestandteile (Festgabe für Dahn), 1905, S. 292 f. Doch findet sich diese
unrichtige Ansicht auch in RG. 23. September 1904 Entsch. 59 S. 20.
!* Vgl. Preuß. Gesetz v. 19. August 1895 in neuer Fassung vom 8. Juli 1902.
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